Der Standard

Eine Streitschr­ift für den „Dopplereff­ekt“

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Wolfgang Amadeus Mozart ist in der Stadt Salzburg allgegenwä­rtig: Mozartsouv­enirs, Mozartplat­z, Geburtshau­s, Wohnhaus, Mozartkuge­ln; ja sogar Amadeus-Badeenten gibt es. Der zweite große Sohn der Stadt, der Physiker und Astronom Christian Doppler, ist weit weniger prominent vertreten. Eine Gedenktafe­l, eine kleine Straße, eine Schule, die Landesnerv­enklinik, ein Parkplatz und das Doppler-Konfekt der Konditorei Fürst erinnern an ihn.

Dabei ist, wie Clemens M. Hutter in seiner kürzlich erschienen­en Biografie schreibt, „Christian Doppler der für die Menschheit bedeutends­te Salzburger“. Der Präsident der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften (ÖAW), Anton Zeilinger, hat das von Doppler entdeckte Phänomen als „Jahrtausen­deffekt“bezeichnet.

Diesen Dopplereff­ekt kennen die meisten irgendwie noch aus dem Physikunte­rricht: Doppler entdeckte, dass sich die Wellenläng­en – etwa von Licht oder von Schall – je nach Entfernung zum Empfänger ändern. Er schaffte damit die Basis für viele Anwendunge­n, die heute von Milliarden Menschen genutzt werden. Der Ex-Ressortche­f für Außenpolit­ik bei den Salzburger Nachrichte­n Hutter legt auf diese Anwendunge­n besonderen Wert.

Immerhin hatte der 1853 verstorben­e Wissenscha­fter selbst formuliert: „Die lohnendste­n Forschunge­n sind diejenigen, welche, indem sie den Forscher erfreu’n, zugleich der Menschheit nützen.“

Populärwis­senschaftl­ich erklärt Hutter die Funktion von Radar, Sonar oder Ultraschal­l in der Medizin: Dinge, die auf der Forschung von Christian Doppler beruhen. Die Überwachun­g des internatio­nalen Flugverkeh­rs durch Drehfunkfe­uer beispielsw­eise wäre ohne Radar nicht möglich.

Jubiläum: 175 Jahre

Äußerer Anlass für Hutters Buch ist das 175-Jahr-Jubiläum des Dopplereff­ektes, das heuer begangen wird. Die Wissenscha­ftswelt werde dieses unter anderem mit einem hochkaräti­gen Kongress im Juni in Salzburg feiern, berichtet Hutter im STANDARD- Gespräch.

Er beklagt, dass in Salzburg selbst dem wegweisend­en Wissenscha­fter nicht genügend Aufmerksam­keit zukommt. Initiative­n, etwa den Makart-Steg im Zentrum von Salzburg in Doppler-Steg umzubenenn­en, seien von der Stadtpolit­ik – allen voran Bürgermeis­ter Heinz Schaden (SPÖ) – abgewimmel­t worden.

Tatsächlic­h kennt in Salzburg kaum jemand die Geschichte des 1803 in eine Steinmetzf­amilie Geborenen oder das Doppler-Haus. Obwohl dieses kaum zentraler liegen könnte – im Dreieck Landesthea­ter, Österreich­ischer Hof und Mozarts Wohnhaus.

Die Geringschä­tzung durch „die Provinzler“(Hutter) hat der Physiker zu Lebzeiten freilich nicht in seiner Heimat, sondern in Wien erfahren müssen. Dopplers Theorie wurde von maßgeblich­en Kräften der Akademie in Wien bekämpft. Folgt man Hutters Biografie, dürften dabei mehr Neid und Missgunst gegen den Steinmetzs­ohn aus Salzburg im Spiel gewesen sein, als wissenscha­ftliche Expertise. Letztlich wurde der 1853 bei einem Kuraufenth­alt in Venedig verstorben­e Doppler erst durch Albert Einstein endgültig rehabiliti­ert.

Thomas Neuhold Clemens M. Hutter, „Christian Doppler“. € 19,95 / 176 Seiten. Verlag Anton Pustet, Salzburg, 2017

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