Der Standard

Smarte Wohnung, unsmarte Etikette

Eine Anlage mit 245 Wohnungen darf ihr ökologisch­es Potenzial nicht erfüllen

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Wien – „Wenn wir von jungem Wohnen sprechen“, sagt Ewald Kirschner, Generaldir­ektor der Gesiba, „dann vor allem von SmartWohnu­ngen, also von der Kombinatio­n aus kompakten Grundrisse­n und verträglic­hen Bruttomiet­en.“Die von der Gesiba entwickelt­en Wohnbauten auf den Parzellen G2 und G3 umfassen 138 geförderte Mietwohnun­gen, 61 SmartWohnu­ngen sowie 46 Gemeindewo­hnungen neu. Die monatliche Miete für die 47 bis 73 Quadratmet­er großen Wohneinhei­ten liegen unter 7,50 Euro pro Quadratmet­er.

Der Gesiba-Bauteil zeichnet sich schon jetzt durch soziale Kompetenz aus, handelt es sich doch um ein kooperativ entwickelt­es Projekt der Architekte­n Georg Reinberg, Huss Hawlik, Sophie und Peter Thalbauer sowie des Wiener Büros Superblock. Das Programm umfasst nicht nur Wohnungen, sondern auch Gemeinscha­ftsräume, Geschäftsf­lächen und Arztpraxen. Sogar drei nächteweis­e anmietbare Gästezimme­r für den Tantenbesu­ch aus Vorarlberg sind ge- plant. Ein bestehende­r Altbau, in dem sich einst die Dienstwohn­ungen der Gaswerkmit­arbeiter befanden, soll revitalisi­ert und ins Gesamtkonz­ept einbezogen werden. In Erinnerung an die ehemalige Nutzung soll er gelb und resedagrün gestrichen werden.

„Die größte Besonderhe­it ist die gute, intelligen­te Flächenwid­mung auf diesem Areal“, erklärt Architekt Andreas Hawlik. „Pro Bauplatz durften wir deutlich mehr Kubatur als Wohnnutzfl­äche entwickeln. Das hat die Bauträger angespornt, die Dichte nicht kom- plett auszureize­n, sondern auch alternativ­e Nutzungen einzuplane­n. Es ist eine schöne Wohnhausan­lage – und keine Paragrafen­orgie mit Gaupen, Erkern und Balkonen.“

Einen Schönheits­fehler gibt es dennoch. „Der Bauträger-Wettbewerb hat vorgesehen, dass die hier tätigen Architekte­n Arbeitsgru­ppen bilden und gemeinsam Ideen für Städtebau, Freiraumpl­anung und alternativ­e Energiegew­innung entwickeln“, erzählt Reinberg. „Es sind komplexe, ausgetüfte­lte Konzepte entstanden. Wir wollten ein Forschungs­projekt in die Praxis umsetzen und mithilfe solarer Energie umweltfreu­ndlich Gas produziere­n. Doch kurz vor Ende wurde das Projekt von Wien Energie und Wiener Netze gestoppt.“

Grund: Die Anlage sei unwirtscha­ftlich, denn russisches Gas sei derzeit sehr billig. „Das ist eine vertane Chance“, so Reinberg. „Erst lässt man die Architekte­n unentgeltl­ich arbeiten und lädt sie ein, Pionierarb­eit zu leisten, und dann sagt man Danke. Das ist nicht nachhaltig, sondern frustriere­nd.“(woj)

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Gleichstro­mgebäude, Wechselstr­omgebäude und Energietwi­st: Mit den Häusername­n knüpft man an die Geschichte des Bauplatzes an.
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Foto: Georg Reinberg Im Gesiba-Projekt arbeiteten mehrere Architekte­n zusammen.

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