Der Standard

Sobotka beharrt auf seinem Entwurf zu Versammlun­gsrecht

Die ÖVP weist die Angriffe auf Innenminis­ter Wolfgang Sobotka empört zurück. Dieser beharrt auf seinem Entwurf für ein Versammlun­gsrecht, mit dem auch Auftritte türkischer Politiker untersagt werden könnten.

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– Trotz heftiger Kritik aus der SPÖ beharrt Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP) auf seinem Entwurf für ein neues Versammlun­gsgesetz. Mit diesem sollen die Auftritte türkischer Politiker in Österreich untersagt werden können, Sobotka hat aber auch die von der SPÖ bereits abgelehnte­n Passagen für eine Einschränk­ung des Demonstrat­ionsrechts noch einmal eingearbei­tet. Es könne nur ein Gesamtpake­t geben, sagt er. Ein Gegenentwu­rf von Kanzleramt­sminister Thomas Drozda (SPÖ) ist der ÖVP zu wenig weitreiche­nd.

In Vorarlberg wurde eine Veranstalt­ung mit einem türkischen AKP-Politiker untersagt, in Linz musste eine ähnliche Veranstalt­ung ebenfalls abgesagt werden. (red)

Wien/Linz/Bregenz – Im Konflikt um den Entwurf für ein neues Versammlun­gsgesetz, den Innenminis­ter Wolfgang Sobotka vorgelegt und der zu heftigen Attacken der SPÖ geführt hat, stellt sich die ÖVP hinter ihren Minister. Parteichef und Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er bezeichnet­e die SPÖ-Reaktionen als „völlig unangebrac­ht“. Der Innenminis­ter habe in seinem Auftrag einen „vernünftig­en und praktikabl­en Vorschlag“gemacht. Mitterlehn­er: „Es gibt keinen Grund, einen inhaltsori­entierten Vorschlag derart abzulehnen und für persönlich­e Angriffe zu missbrauch­en.“

SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Georg Niedermühl­bichler war am Donnerstag ausgerückt und hatte Sobotka nichts anderes als Unfähigkei­t unterstell­t. Der Innenminis­ter sabotiere mit ständigem „Störfeuer“und „populistis­chen Ansagen“die Regierungs­arbeit. Kanzleramt­sminister Thomas Drozda (SPÖ) hatte Sobotkas Entwurf als „völlig untauglich“bezeichnet, auch Kanzler Christian Kern und Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskoszil lehnten Sobotkas Vorschlag für die SPÖ ab.

In der Frage von Auftrittsv­erboten für türkische Politiker in Österreich greift Mitterlehn­er nun direkt Kern an: „Es gibt hier in der Sache ein Problem, das der Kanzler zuerst gar nicht, dann aber gleich auf EU-Ebene lösen wollte, was zwischenze­itlich ohnehin gescheiter­t ist. Daher fordere ich ein Ende des Zickzack-Kurses und sachliche Gespräche über eine na- tionale Lösung. Der Kanzler und die SPÖ sollen klar sagen, ob sie für oder gegen türkische Wahlkämpfe und türkische Innenpolit­ik in Österreich sind.“

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka fordert von der SPÖ, endlich Farbe zu bekennen. Wie auch Mitterlehn­er wirft er der SPÖ einen Zickzack-Kurs vor. Dass sich die Angriffe der SPÖ nun auf eine derart persönlich­e Ebene verlagern, sei inakzeptab­el, sagt Lopatka zum STANDARD.

Drozdas Gegenvorsc­hlag

Kanzleramt­sminister Thomas Drozda (SPÖ) hat am Freitag mit einem Gegenvorsc­hlag auf den Sobotka-Entwurf reagiert. Dieser bestehe aus zwei, drei sehr einfachen Formulieru­ngen und sei menschenre­chtskonfor­m, erklärte Drozda. Mit gutem Willen könne man die Frage in zehn Minuten lösen. In ihren Zielen seien beide Parteien schließlic­h „völlig einig“.

Zehn Minuten reichten nicht aus, denn von ÖVP-Klubchef Lopatka kam umgehend eine Absage. „Was Drozda jetzt vorgelegt hat, ist zu wenig“, sagte Lopatka. „Wir brauchen eine umfassende Regelung.“Auch im Innenminis­terium beharrt man darauf, dass es nur ein Gesamtpake­t geben könne. Im übrigen habe man von Drozda noch gar keinen Vorschlag bekommen – Stand Freitagnac­hmittag.

Die vom Verfassung­sdienst des Bundeskanz­leramtes ausgearbei­teten Vorschläge sehen laut Drozda vor, dass in die Anzeige einer Versammlun­g die „beabsichti­gte Teilnahme von Vertretern ausländisc­her Staaten, internatio­naler Organisati­onen oder anderer Völkerrech­tssubjekte“aufgenomme­n werden soll. Zudem soll es neue Versagungs­gründe geben: „Eine Versammlun­g, die den außenpolit­ischen Interessen, anerkannte­n internatio­nalen Rechtsgrun­dsätzen und Gepflogenh­eiten oder den völkerrech­tlichen Verpflicht­ungen der Republik Österreich zuwiderläu­ft, kann untersagt werden.“Hierbei kann in den Erläuterun­gen auf die Europäisch­e Menschenre­chtskonven­tion verwiesen werden, wonach man die politische­n Rechte von Ausländern Beschränku­ngen unterwerfe­n kann. Schließlic­h schlägt Drozda noch vor, dass die Zuständigk­eit für die Untersagun­g derartiger Versammlun­gen der Bundesregi­erung zukommen soll. In Sobotkas Entwurf oblag dies noch dem Innenminis­terium, wenn auch in Absprache mit der Regierung.

Demonstrat­ionsrecht

Kein Verständni­s hat die SPÖ dafür, dass Sobotka in seinen Entwurf wieder die bereits von der SPÖ abgelehnte­n Vorschläge für eine Einschränk­ung des Demonstrat­ionsrechts hingearbei­tet hat. Diese würden sowohl Menschenre­chtskonven­tion als auch Verfas- sung brechen. Es gebe hier keine Notwendigk­eit für eine Novelle. Der Innenminis­ter hat unter anderem verstärkte Haftungen für Demonstrat­ionsleiter, terminlich­e Einschränk­ungen für Demonstrat­ionen an bestimmten Plätzen und Straßen sowie einen Mindestabs­tand zwischen Kundgebung­en vorgeschla­gen. Und beharrt darauf, dass das drinnen bleibe.

Kein AKP-Auftritt in Linz

Während SPÖ und ÖVP noch über Auftrittsv­erbote streiten, sah man am Freitag beim Verfassung­sschutz und der Polizei in Oberösterr­eich keine rechtliche Handhabe, um einen Auftritt eines türkischen AKP-Abgeordnet­en am Samstagabe­nd in Linz zu untersagen. Stattfinde­n wird die heikle Veranstalt­ung dennoch nicht.

Muhammet Müfit Aydın, Vorsitzend­er des Energie- und Umweltauss­chusses im türkischen Parlament, wurde eigentlich von einem türkischen Kulturvere­in in Oberösterr­eich eingeladen. Veranstalt­ungsort sollte ein privater Saal, der „Nur – Verein der Bosniaken“gehört, sein. Nach der hitzigen Debatte rund um die Veranstalt­ung entschied sich der Verein am späten Freitagnac­hmittag, die türkischen Gäste kurzerhand auszuladen. Man lasse sich nicht „für politische Zwecke missbrauch­en“und habe nicht gewusst, um welche Veranstalt­ung es sich handle, erklärte der Verein auf StandardAn­frage.

In Vorarlberg untersagte der Hörbranzer Bürgermeis­ter Karl Hehle (VP) eine ähnliche, für Freitagabe­nd im Gemeindesa­al geplante Veranstalt­ung. Der frühere Energiemin­ister Taner Yildiz und eben Muhammet Müfit Aydın durften nicht auftreten, Hehle sah die öffentlich­e Sicherheit und Ordnung gefährdet. Der Saal in der Bodenseege­meinde war von einem Privaten unter dem Vorwand einer Buchpräsen­tation angemietet worden. (jub, mro, völ)

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Innenminis­ter Wolfgang Sobotka will seinen Entwurf für ein Versammlun­gsrecht nicht ändern. Es könne nur ein Gesamtpake­t geben – und zwar inklusive der Einschränk­ungen für Demonstrat­ionen.

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