Prozess um die Unwahrheiten des Impfgegners
Ein 73-jähriger Impfgegner und Homöopath hat eine Journalistin, die im TV behauptet hatte, er lüge, wegen übler Nachrede geklagt. In seiner Urteilsbegründung findet der Richter klare Worte zu den Ansichten des mit einem Berufsverbot belegten Arztes.
Wien – Johann Loibner war bis zu seinem Berufsverbot Arzt, Homöopath und ist engagierter Impfgegner. Er will aber kein Lügner sein. Und hat daher die pensionierte Medizinjournalistin Krista Federspiel wegen übler Nachrede geklagt. Richter Thomas Spreitzer muss also entscheiden, ob die 75Jährige bei einer Fernsehdiskussion dem 73-Jährigen pauschal unterstellt hat, stets die Unwahrheit zu sagen.
Es geht um eine Sendung auf Puls 4. Die beschäftigte sich mit der Verschwörungstheorie, dass evidenzbasierte Medizin krank mache. Zu Beginn wurde ein Beitrag ausgestrahlt, in dem sich der Kläger und der Gynäkologe Christian Fiala auslassen durften.
Loibner vertritt dabei die abstruse These, dass Vogel- und Schweinegrippe sowie Ebola und der Zika-Virus Erfindungen seien. Auch Fiala stellt in den Raum, dass HIV entweder eine Entwicklung des US-Militärs sei oder ein Kollateralschaden bei illegalen Impfexperimenten in Afrika.
Beim Gespräch im Studio waren die beiden keine Teilnehmer, aber zwei andere Ärzte, einer Kritiker der Pharmaindustrie, der andere zumindest ein Impfskeptiker. Gelegentlich wurde die Diskussion emotional. Und Federspiel sagte dabei eben auch: „Doktor Loibner lügt!“sowie „Und mit jedem Satz lügt Doktor Loibner!“. „Warum haben Sie die Aussage getätigt?“, fragt Spreitzer. „Es hat sich eine Menge Zorn angesammelt“, gibt sie zu. Die Vorwürfe hätten sich aber auf Loibners Aussagen in dem Beitrag am Beginn bezogen. Ihr Verteidiger Franz Galla stellt auch klar, dass im postfaktischen Zeitalter die „Wissenschaft ein Fels in der Brandung“sei und Impfungen die Menschen schützen.
Galla will auch ein Sachverständigengutachten vorlegen, um zu beweisen, dass Loibners Aussagen Humbug seien. Braucht er aber nicht, Spreitzer nimmt von sich aus ins Protokoll auf, dass „allgemein bekannt sei, dass Viren existieren“, dass „bei Impfungen der Nutzen bei Weitem über- wiegt“und „Krebstherapien wirksam“seien.
Schon damit wird klar, wie das Verfahren endet: mit einem nicht rechtskräftigen Freispruch. Der Vorwurf der Lüge sei zwar grund- sätzlich strafbar, begründet der Richter. Es komme aber immer auf den Zusammenhang an.
In diesem Fall sei offensichtlich, dass sich Federspiels Aussagen auf das Diskussionsthema und den Beitrag zu Beginn der Sendung bezogen hätten. Und Spreitzer stellt noch einmal unmissverständlich klar, dass Loibners Aussagen „unwahr“und eine „krude Ansicht“seien.