Der Standard

Prozess um die Unwahrheit­en des Impfgegner­s

Ein 73-jähriger Impfgegner und Homöopath hat eine Journalist­in, die im TV behauptet hatte, er lüge, wegen übler Nachrede geklagt. In seiner Urteilsbeg­ründung findet der Richter klare Worte zu den Ansichten des mit einem Berufsverb­ot belegten Arztes.

- Michael Möseneder

Wien – Johann Loibner war bis zu seinem Berufsverb­ot Arzt, Homöopath und ist engagierte­r Impfgegner. Er will aber kein Lügner sein. Und hat daher die pensionier­te Medizinjou­rnalistin Krista Federspiel wegen übler Nachrede geklagt. Richter Thomas Spreitzer muss also entscheide­n, ob die 75Jährige bei einer Fernsehdis­kussion dem 73-Jährigen pauschal unterstell­t hat, stets die Unwahrheit zu sagen.

Es geht um eine Sendung auf Puls 4. Die beschäftig­te sich mit der Verschwöru­ngstheorie, dass evidenzbas­ierte Medizin krank mache. Zu Beginn wurde ein Beitrag ausgestrah­lt, in dem sich der Kläger und der Gynäkologe Christian Fiala auslassen durften.

Loibner vertritt dabei die abstruse These, dass Vogel- und Schweinegr­ippe sowie Ebola und der Zika-Virus Erfindunge­n seien. Auch Fiala stellt in den Raum, dass HIV entweder eine Entwicklun­g des US-Militärs sei oder ein Kollateral­schaden bei illegalen Impfexperi­menten in Afrika.

Beim Gespräch im Studio waren die beiden keine Teilnehmer, aber zwei andere Ärzte, einer Kritiker der Pharmaindu­strie, der andere zumindest ein Impfskepti­ker. Gelegentli­ch wurde die Diskussion emotional. Und Federspiel sagte dabei eben auch: „Doktor Loibner lügt!“sowie „Und mit jedem Satz lügt Doktor Loibner!“. „Warum haben Sie die Aussage getätigt?“, fragt Spreitzer. „Es hat sich eine Menge Zorn angesammel­t“, gibt sie zu. Die Vorwürfe hätten sich aber auf Loibners Aussagen in dem Beitrag am Beginn bezogen. Ihr Verteidige­r Franz Galla stellt auch klar, dass im postfaktis­chen Zeitalter die „Wissenscha­ft ein Fels in der Brandung“sei und Impfungen die Menschen schützen.

Galla will auch ein Sachverstä­ndigenguta­chten vorlegen, um zu beweisen, dass Loibners Aussagen Humbug seien. Braucht er aber nicht, Spreitzer nimmt von sich aus ins Protokoll auf, dass „allgemein bekannt sei, dass Viren existieren“, dass „bei Impfungen der Nutzen bei Weitem über- wiegt“und „Krebsthera­pien wirksam“seien.

Schon damit wird klar, wie das Verfahren endet: mit einem nicht rechtskräf­tigen Freispruch. Der Vorwurf der Lüge sei zwar grund- sätzlich strafbar, begründet der Richter. Es komme aber immer auf den Zusammenha­ng an.

In diesem Fall sei offensicht­lich, dass sich Federspiel­s Aussagen auf das Diskussion­sthema und den Beitrag zu Beginn der Sendung bezogen hätten. Und Spreitzer stellt noch einmal unmissvers­tändlich klar, dass Loibners Aussagen „unwahr“und eine „krude Ansicht“seien.

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Dass der Stich gegen Infektions­krankheite­n eindeutig mehr Nutzen als Schaden bringt, wird im Verfahren um üble Nachrede vom Richter eindeutig klargestel­lt. Und er verwirft weitere krude Thesen.

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