Der Standard

Kammer senkt Beiträge um 100 Millionen Euro

Leitl will aber an föderaler Struktur der Wirtschaft­skammer festhalten

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Wien – Für einen großen Konzern wie die Voestalpin­e ist es ein schönes Zuckerl, das die geplante Wirtschaft­skammerref­orm bringen soll. Rund eine Million Euro werde sich der Stahlriese ab 2019 jährlich an Kammerbeit­rägen ersparen, rechnete WKO-Präsident Christoph Leitl am Freitag vor. Für Gründer, die künftig im ersten Jahr keine Grundumlag­e mehr zahlen müssen, werden es immerhin ein paar hundert Euro sein.

In Summe will die Wirtschaft­skammer ihre Mitglieder um jährlich 100 Millionen Euro entlasten. Darauf haben sich die großen Fraktionen – der ÖVP-Wirtschaft­sbund, der sozialdemo­kratische Wirtschaft­sverband, die Freiheitli­chen sowie die Industriel­iste – geeinigt. Zur Erinnerung: Quer durch alle Bereiche nahmen die Bundeskamm­er und ihre Teilorgani­sationen zuletzt etwa 870 Millionen Euro ein.

Wie werden die Unternehme­r nun konkret entlastet?

Investitio­nen: Investitio­nen werden künftig aus der Bemessungs­grundlage für die Kammerumla­ge 1 herausgere­chnet. Das soll 20 Millionen bringen.

Große: Bei der Kammerumla­ge 1 – sie hängt vom Umsatz ab – wird der Berechnung­smodus generell umgestellt: Statt eines pauschalen

QQSatzes (derzeit drei Prozent der Bemessungs­grundlage) wird ein degressive­r Tarif eingeführt. Je höher der Umsatz, desto niedriger soll also der Prozentsat­z sein. Das bringt 15 Millionen an Einsparung­en.

Lohnkosten: Die Kammerumla­ge 2 – sie hängt von den Lohnkosten ab – soll um fünf Prozent sinken. Sparvolume­n: 17 Millionen Euro.

Gründer: Der erwähnte Entfall der Grundumlag­e für Gründer im ersten Jahr bringt sechs Millionen.

Mehrfachum­lage: Generell soll die Grundumlag­e – sie fließt an die Fachgruppe­n – nur mehr einmal kassiert werden. Wer derzeit mehrere Gewerbe angemeldet hat, etwa Dachdecker und Spengler, muss auch mehrfach zahlen. Auch für juristisch­e Personen wird doppelt kassiert. Diese Entlastung soll 22 Millionen ausmachen.

Gewerberef­orm: Und schließlic­h sinken die Einnahmen der Kammer auch durch eine Maßnahme der Regierung. Im Zuge der Reform der Gewerbeord­nung wird die Zahl der Gewerbeber­echtigunge­n sinken, wodurch die WKO um 20 Millionen Euro umfällt.

Gleichzeit­ig will man in neue Servicelei­stungen 34 Millionen investiere­n. Geplant ist laut Leitl eine „Investitio­nsagentur“, die mit universitä­ren Einrichtun­gen kooperiere­n soll. Genannt wurden die

QQQQETH Zürich und das Massachuse­tts Institute of Technology (MIT).

Wird es nun auf der anderen Seite dramatisch abgeschlac­kte Strukturen geben, um all das zu finanziere­n? Diese nicht unwichtige­n Details müssen erst intern verhandelt werden, sagte Leitl. Große Hoffnungen setzt man jedenfalls in die Digitalisi­erung.

An ein Auflösen von Länderkamm­ern denkt Leitl nicht. Dennoch hofft er, dass es durch den Druck der Sparvorgab­en zu Reformen kommt. So könne auf regionaler Ebene noch viel stärker zusammenge­arbeitet werden. Und auch die enorm hohe Zahl an Fachgruppe­n (857) soll sinken. „Ich bin mir sicher, dass es in diese Richtung gehen wird.“

Personal soll jedenfalls nicht gekündigt werden, auch an einen Sozialplan ist nicht gedacht. Der Mitarbeite­rstand soll durch die Nichtnachb­esetzung von freiwillig­en Abgängen und Pensionier­ungen gesenkt werden. Den Reformproz­ess will Leitl, über dessen baldigen Abgang immer wieder spekuliert wurde, offenbar auch noch selbst begleiten. „Fad wird mir nicht“, sagte er und gab als Devise aus: „Wir wollen die leistungsf­ähigste Wirtschaft­skammer im weltweiten Vergleich sein.“(go)

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