Der Standard

Im Minutentak­t zur Lehrstelle

Die Initiative „10.000 Chancen“will genauso viele Jobs an Flüchtling­e vermitteln. Im Mai geht es in einer Art Job-SpeedDatin­g um Lehrstelle­n. Auch Jugendlich­e ohne Fluchthint­ergrund können sich bewerben.

- Lara Hagen

Wien – Es sind gleich mehrere Probleme, deren sich Bernhard Ehrlich annehmen will. Mit seiner Initiative „10.000 Chancen“hat er sich vorgenomme­n, geflüchtet­e Menschen rasch in den Arbeitsmar­kt zu bringen. Aktuell konzentrie­rt er sich dabei auf Lehrstelle­n. Denn, da ist Problem Nummer zwei: zu viele unbesetzte Lehrstelle­n, obwohl viele Jugendlich­e keinen Job finden würden. „Es gibt ein großes Problem beim Schnittste­llenmanage­ment“, sagt Ehrlich. Verzweifel­te Personaler seien ihm in den letzten Monaten begegnet, die zig freie Stellen nicht besetzen können.

Ehrlich will mit einer Lehrlingso­ffensive die Vermittlun­g verbessern und hat sich dafür ein besonderes Format überlegt – eine Art Speed-Dating für Lehrstelle­n: Jeder Bewerber absolviert an diesem Tag insgesamt 18 Bewerbungs­gespräche à sieben Minuten. Bevor der Gesprächsm­arathon im Wiener Hilton-Hotel startet, wird Bundeskanz­ler Christian Kern mit einer „Powerrede“zusätzlich motivieren, DJs sorgen für Musik, und es gibt weiteres Rahmenprog­ramm. Das Ziel ist klar: eine geeignete Lehrstelle zu finden. Wer die anwesenden Recruiter in den sieben Minuten von sich überzeugt, wird zu einem weiteren Gespräch eingeladen. „Das ist super, die Jugendlich­en wissen gleich – das war was, oder das war nichts. Und wenn es nichts war, dann wissen sie, dass noch 17 andere Chancen auf sie warten.“

Wichtig ist Ehrlich, dass tatsächlic­h Lehrstelle­n besetzt werden – nichts soll dem Zufall überlassen werden. Er führt deswegen seit Wochen Gespräche mit Unternehme­n, diese müssen konkret angeben, wie viele und welche Stellen bei ihnen zu besetzen sind. Aktuell sehe es nach mehr als 500 Lehrstelle­n aus, die es am 2. Mai zu besetzen gelte.

Damit das klappt, ist die Vorauswahl der Bewerber zentral. Ehrlich spricht nicht nur geflüchtet­e Jugendlich­e an. Die Voraussetz­ungen sind Deutschken­ntnisse auf mindestens B1-Niveau, ein rechtmäßig­er Arbeitsmar­ktzugang (Flüchtling­e können sich nur bewerben, wenn sie bereits einen Asylbesche­id haben) und vor allem der „hundertpro­zentige Mitmachwil­le“: „Das bedeutet, dass der oder die Jugendlich­e wirklich alle 18 Vorstellun­gsgespräch­e absolviere­n will, dass er oder sie wirklich an Arbeit interessie­rt ist und sich auch dementspre­chend präsentier­t“, so Ehrlich.

Natürlich sei es nicht gerade förderlich, dass die Lehrlingse­ntschädigu­ng teilweise deutlich unter der Mindestsic­herung für Flüchtling­e liegt, sagt der Initiator. Kritikpunk­te an der aktuellen Politik gibt es aus seiner Sicht noch einige. „Die Menschen müssen einfach so rasch wie möglich auf den Arbeitsmar­kt und nicht in irgendwelc­hen Kursen gehalten werden.“Das klingt nach Kritik am AMS, die Zusammenar­beit für die bevorstehe­nde Veranstalt­ung ist aber nicht gefährdet. Die Trägerunte­rnehmen des AMS sind nämlich für die Informatio­n und Vorauswahl von Teilnehmer­n zuständig – also dafür, zu kontrollie­ren, ob das Deutschniv­eau erreicht ist und das neunte Schuljahr absolviert wurde. Bei einem ersten Treffen Ende März werden dann durch „10.000 Chancen“300 Bewerber ausgewählt. Der Verein ist laut eigenen Angaben noch privat finanziert und funktionie­rt dank freiwillig­er Mitarbeite­r.

Interessen­ten können sich auch direkt bei „10.000 Chancen“melden. Wer Ende März ausgewählt wird, darf zum Bewerbertr­aining Mitte April, wo die Jugendlich­en vorbereite­t werden und einheitlic­he Bewerberma­ppen bekommen. Die Mappe – mit allen Zeugnissen in 18-facher Ausführung – ist die Eintrittsk­arte für den 2. Mai, wenn das große Speed-Dating startet.

Ehrlich ist sich sicher, dass er mit diesem Format den größten Impact für Unternehme­n und Jugendlich­e erzielen kann. Ob das fordernde Setting auch bei den Jungen ankommt, die ja gerade nicht zu den Top-Performern zählen, die diese Art des Sich-Herzeigens kennen, wird sich am Tag X zeigen. Weitere Speed-Job-Datings sind aber bereits geplant. pNähere Infos und Anmeldung (bis zum 25. 3.) unter www.10000chanc­en.com/lehrlingso­ffensive

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