Kurzfristig weniger Kosten, langfristig mehr Druck
Umstrukturierungen gehören für heimische Unternehmen zum Alltag. Eine Umfrage unter Betriebsräten zeigt allerdings, dass Arbeitnehmer nur spät einbezogen werden und unter den Folgen leiden.
Wien – Outsourcing, Eigentümerwechsel, die Übertragung von Tätigkeiten auf Leiharbeitskräfte oder gar die Schließung von Teilbetrieben: Beschäftigte sind laut einer aktuellen Umfrage permanent mit Umstrukturierungen in unterschiedlichsten Varianten konfrontiert. Und die Auswirkungen sind teilweise dramatisch, wie ein Zitat aus der Umfrage illustriert: „Der Kostendruck wird immer mehr, die Gewinne müssen steigen. Der Druck auf die Beschäftigten wird teilweise unerträglich. Die Motivation der Kollegen fällt dadurch massiv.“
Befragt wurden auf Wunsch der Arbeiterkammer 400 Betriebsrätinnen und Betriebsräte, die auch im Aufsichtsrat des jeweiligen Unternehmens sitzen und verschiedene Branchen repräsentieren. 350 Fragebögen konnte die Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (Forba) in die Auswertung nehmen – eine laut Forba repräsentative Anzahl.
Am häufigsten wurden von den Betriebsräten dabei interne Umstrukturierungen festgestellt, etwa das Verändern von Abteilungsstrukturen (85 Prozent). Es folgt die Fremdvergabe von Hilfstätigkeiten (zum Beispiel Küche oder Reinigung), aber auch Outsourcing von Angestelltentätigkeiten kommt nach wie vor relativ häufig (39 Prozent) vor.
Neu im Vergleich zu einer Befragung im Jahr 2005 ist, dass neben den un- und angelernten Arbeitskräften bereits heute und mehr noch in den kommenden Jahren kaufmännische Angestellte überdurchschnittlich gefährdet seien. Ein Grund ist laut Eichmann die fortschreitende Digitalisierung; eine Branche, die hier stark betroffen ist: die Banken.
Einig waren sich die Befragten bei den Zielen der Umstrukturierungen: Satte 92 Prozent nannten Kosteneinsparungen als Grund, 82 Prozent die Einsparung von Personal und ebenso viele die Stärkung der Wettbewerbsfähig- keit. Recht hoch ist auch der Anteil derer, die das Ausnützen von schlechteren arbeitsrechtlichen Regelungen (45 Prozent) oder die Flucht aus dem Kollektivvertrag sehen (39 Prozent).
Bei der Zielerreichung ist das Fazit eher ernüchternd: „Es gibt ein Auseinanderklaffen von Vorhaben und Wirklichkeit“, sagt Christoph Klein, Direktor der Arbeiterkammer Wien. Dazu passe auch das Zitat eines befragten Betriebsrats, wonach sich gezeigt habe, dass bei der Auslagerung eines Unternehmensteils im ersten Jahr positive Bilanzeffekte zu beobachten waren, nach zwei, drei Jahren die Kosten aber wieder gleich hoch oder höher seien.
Der von einem Betriebsrat beschriebene Druck wird in der Umfrage von 85 Prozent der Befragten bestätigt. 67 Prozent erkannten eine Verringerung des Personals, steigende Unsicherheit bemerkten gut zwei Drittel. Wer in solch einem Umfeld arbeite, sei naturgemäß auch unzufriedener und demnach auch einer größeren gesundheitlichen Belastung ausgesetzt, spricht Klein die langfristigen Folgen an.
Die negativen Auswirkungen für die Belegschaft würden auch daher rühren, dass der Betriebsrat zwar in den meisten Fällen informiert wurde, dies allerdings oft sehr spät geschieht, sodass nur wenig mitgestaltet und mitbestimmt werden kann. „An dieser Situation muss sich dringend etwas ändern“, fordert deshalb auch Bernhard Achitz, leitender Sekretär des Gewerkschaftsbunds.
Konkret fordern Arbeiterkammer und Gewerkschaft unter anderem eine Sanktionierung, wenn Informations- und Beratungsrechte für Betriebsräte eingeschränkt werden. Die schärfste Maßnahme könne hierbei sein, dass Geschäfte in so einem Fall keine rechtliche Wirkung entfalten können. Weitere Forderungen betreffen den Aufsichtsrat: Die Zustimmung zu Umstrukturierungen soll für diesen verpflichtend werden und die Schwelle für die Aufsichtsratspflicht von 301 auf 251 Beschäftigte gesenkt werden. Betriebsratsmitglieder sollen außerdem öfter freigestellt werden, um sich ausführlich weiterbilden zu können und so den erhöhten Arbeits- und Komplexitätsanforderungen gerecht zu werden.
Auch nach der Umfrage im Jahr 2005 wurden solche Forderungen gestellt, umgesetzt wurden die meisten aber nicht. Sind Klein und Achitz nun optimistischer? „Ja. Denn mit der zunehmenden Relevanz und Aktualität steigt der Druck, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen“, sagt Achitz. Man werde auf jeden Fall versuchen, diese Anliegen in die nächsten Koalitionsverhandlungen einzubringen.