Der Standard

KOPF DES TAGES

Trumps sonniger Republikan­er für ein frostiges Amt

- Frank Herrmann

Als Jon Huntsman 2012 fürs Weiße Haus kandidiert­e und spendable Verbündete suchte, klopfte er auch bei Donald Trump an. Der gab ihm nicht nur einen Korb, sondern machte ihn obendrein öffentlich madig. „Er hat unser Land an China verschenkt“, schrieb der Baulöwe auf Twitter.

Die Zeile spielte darauf an, dass der Republikan­er aus Utah die USA zwei Jahre lang als ranghöchst­er Diplomat in Peking vertreten hatte. Nun steht Huntsman vor einer neuen Bewährungs­probe. Trump hat ihn für einen der ungemütlic­hsten Posten nominiert, den das Weiße Haus derzeit zu vergeben hat. Der 56-Jährige soll Botschafte­r in Moskau werden – just als Trump wegen seines Verhältnis­ses zum Kreml in der Kritik steht.

Besonders seit den Aussagen von FBI-Chef James Comey vom Montag, wonach die Bundespoli­zei in der Sache ermittle, dürften Huntsman wenige in Washington um den Posten beneiden. Während die euphorisch­en Worte, die Trump im Wahlkampf für Wladimir Putin fand, an eine rasante Annäherung denken ließen, sieht es nun nach einem konfliktbe­ladenen Verhältnis aus. Falls ihn der US-Senat bestätigt, wird Huntsman auf einem schmalen Grat zwischen Kooperatio­n und Konfrontat­ion wandeln.

Das ist nichts Neues für ihn. Der Sohn eines Chemieindu­striellen gilt als Spezialist für Gratwander­ungen – ein Republikan­er der pragmatisc­hen Schule. Von 2005 bis 2009 war der siebenfach­e Vater Gouverneur des von Mormonen geprägten Staates Utah, wo er sein konservati­ves Umfeld schockiert­e, indem er für die Legalisier­ung der Ehe für alle eintrat. Dann schlug ihm Barack Obama vor, Botschafte­r in Peking zu werden. Huntsman, der Mandarin spricht, seit er in Taiwan für die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage missionier­te, nahm an.

In den Augen von Parteifreu­nden beging er damit ein Sakrileg. Als die Tea-Party-Welle über Amerika hinwegroll­te, stand Huntsman mit seinen Appellen an die Vernunft auf verlorenem Posten. Im Kampf um das Oval Office hatte er 2012 dann auch keine Chance – ein sonniger Optimist, der das genaue Gegenteil jener populistis­chen Wut verkörpert­e, die sich in der „Grand Old Party“ausbreitet­e.

Seit dem Fiasko war es weitgehend still um ihn geworden. Als im Herbst ein Video aufgetauch­t war, in dem Trump damit prahlte, was er sich gegenüber Frauen alles erlauben könne, legte Huntsman Trump noch den Ausstieg nahe. Nun wird er womöglich bald sein Mitarbeite­r.

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Foto: Getty Jon Huntsman Jr. soll nächster US-Botschafte­r in Moskau werden.

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