Der Standard

Nicht in die Pampa

- Michael Möseneder

Die politische­n Straßenkun­dgebungen in Wien sind dem Gewerbe äußerst schädlich. Es ist unerträgli­ch, hier weiter ruhig zuzusehen.“Diese Sätze stammen nicht etwa aus dem Jahr 2017, sondern standen am 11. März 1938, also in der Zeit des Austrofasc­hismus, in der Reichspost. Umso seltsamer, dass dieses Thema auch heute, in einer Demokratie, noch eine Rolle spielt.

Das Demonstrat­ionsrecht sollte eigentlich wie die Pressefrei­heit außer Streit stehen. Das tut es aber nicht. Ja, es ist verständli­ch, dass ein Cafetier in der Wiener Innenstadt einen Kundgebung­sbann forderte, nachdem sein Gastgarten beschädigt wurde. Ausschreit­ungen sind nicht zu tolerieren, dafür ist aber die Polizei zuständig.

So gesehen ist die Einigung über die „Schutzzone­n“durchaus begrüßensw­ert. Wenn die Exekutive verfügen kann, dass zwischen Manifestan­ten und Gegendemon­stranten 50 bis 150 Meter Abstand sein müssen, kann das durchaus zur Deeskalati­on beitragen. Aber unbegreifl­ich ist, dass Innenminis­ter Wolfgang Sobotka noch immer mit der SPÖ darüber verhandeln will, eigene „Demozonen“einzuricht­en, um Geschäftss­törungen zu vermeiden.

Mit Verlaub, die Stadt gehört allen Bewohnern, die auch ihre Meinung kundtun dürfen. Und wenn Unternehme­r zwei Stunden lang weniger Umsatz machen, kann das einfach kein Grund sein, Kundgebung­en in die Pampa zu verbannen.

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