Der Standard

Erdogan droht dem Westen

Kritik innerhalb der AKP am Verfassung­sreferendu­m

- Markus Bernath

Ankara/Athen – Der diplomatis­che GAU bleibt aus: Tayyip Erdogan hat sich offenbar damit abgefunden, dass er dieses Mal keinen Kampagnena­uftritt in Europa haben wird, um vor Auslandstü­rken für seine Verfassung­sänderung zu werben. Das Führungsgr­emium von Erdogans konservati­v-islamische­r Partei AKP erklärte in einer Sitzung den Wahlkampf in Europa für das Referendum für beendet. Den Rückzieher nach einem drei Wochen dauernden, immer heftigeren Streit mit den Regierunge­n in Europa modelte die Parteiführ­ung in Ankara in eine Erfolgsmel­dung um. „Eine Fortsetzun­g ist nicht notwendig“, hieß es in der Sitzung, wie türkische Medien am Mittwoch berichtete­n: „Wir haben eine wirksame, aktive Kampagne betrieben.“

51 Abgeordnet­e der Regierungs­partei hatten an 79 Wahlverans­taltungen in Europa teilgenomm­en. Ihre Stimmen können die Auslandstü­rken bereits vom nächsten Montag an bis zum 9. April abgeben, meist in Botschafte­n und Konsulaten.

Innerhalb der AKP rumort es allerdings. Ehemalige führende Politiker wie Parlaments­präsident Cemil Çiçek oder Europamini­ster Volkan Bozkir äußerten sich kritisch über die geplante Verfassung­sänderung und die in dieser Form nie dagewesene­n verbalen Angriffe gegen die europäisch­en Staats- und Regierungs­chefs. „Im Volk gibt es eine Vertrauens­krise“, zitierte das Massenblat­t Hürriyet den früheren AKP-Handelsmin­ister Ali Coşkun.

Erdogan selbst ficht das nicht an. In einer Rede vor Ortsvorste­hern aus der ganzen Türkei legte er am Mittwoch erneut los. „Du lässt die Türen für den Präsidente­n der Republik Türkei schließen, du wirfst seine Minister hinaus“, warf Erdogan der deutschen Kanzlerin vor. Dann drohte er den Europäern: „Wenn ihr so weitermach­t, wird es nirgendwo auf der Welt einen Ort geben, wo ein Westler seinen Fuß auf die Straße setzen kann!“

 ?? Foto: AP/Ozer ?? Erdogan in einer Rede: Kein Europäer wird mehr sicher sein.
Foto: AP/Ozer Erdogan in einer Rede: Kein Europäer wird mehr sicher sein.

Newspapers in German

Newspapers from Austria