Der Standard

Werbung: Grenzfall Massenmail

Blauer Abgeordnet­er wirbt für Ärztekamme­r-Wahl

-

Wien – Es ist eine etwas ungewöhnli­che Situation. Für die niederöste­rreichisch­e Ärztekamme­rwahl, die am 1. April stattfinde­t (davor können die Stimmen per Briefwahl abgegeben werden), tritt erstmals eine FPÖ-nahe Liste an – sie nennen sich „Die freien und unabhängig­en Ärzte“. Mit im Team ist der derzeit fraktionsl­ose Internist und Nationalra­tsabgeordn­ete Marcus Franz. Begonnen hat Franz seine Politikerk­arriere beim Team Stronach, er wurde von Reinhold Lopatka (ÖVP) kurzfristi­g für die Schwarzen abgeworben, ehe man dann wieder getrennte Wege ging und Franz seither als „wilder Abgeordnet­er“im Hohen Haus tätig ist.

Die Kandidatur von Franz bei der Wahl der Standesver­tretung veranlasst­e die Freiheitli­chen vergangene Woche zu einer Richtigste­llung: Der Internist sei kein Parteimitg­lied und kandidiere daher nicht für die FPÖ, sondern bloß als unabhängig­er Kandidat für eine unabhängig­e Liste.

Eine Woche später schaut die blaue Welt ein wenig anders aus. Der niederöste­rreichisch­e Abgeordnet­e Walter Rosenkranz erinnert via E-Mail – mit Parlaments­briefkopf – an die bevorstehe­nden Ärztekamme­rwahlen. Das Schreiben, das dem STANDARD vorliegt, beinhaltet Wahlwerbun­g für die freiheitli­chen Ärzte und einen Appell von Rosenkranz. Er schreibt: „Als Abgeordnet­er zum Nationalra­t und als Landespart­eiobmann der FPÖ Niederöste­rreich ersuche ich Sie um Ihre Stimme bei der Ärztekamme­rwahl Niederöste­rreich für die ,Freiheitli­chen und Unabhängig­en Ärzte‘.“

Nicht mehr als 50 Mails

Eine persönlich­e Wahlempfeh­lung des Abgeordnet­en ist nicht illegal, jedoch ein Grenzfall. „Denn Ärztekamme­rwahlen sind keine allgemeine­n Wahlen“, erklärt Parlamenta­rismus-Experte Werner Zögernitz. Der Fall sei nicht genau geregelt, denn eigentlich dürfte die Arbeit im Klub nur Parlaments­tätigkeite­n betreffen. Allerdings wäre es erlaubt, wenn der Abgeordnet­e für seinen Wahlkreis wirbt oder Werbung verschickt.

Explizit geregelt ist aber ein anderer Aspekt: das elektronis­che Versenden von Direktwerb­ung. Laut Telekommun­ikationsge­setz darf ohne Zustimmung keine Direktwerb­ung via E-Mail oder SMS verschickt werden. Gleichzeit­ig dürfen nicht mehr als 50 Empfängerk­reis derartige Werbeinhal­te ohne Genehmigun­g erhalten.

Diese Erfahrung machte auch Thomas Szekeres, Wiener Ärztekamme­r-Präsident. Er verschickt­e einen Newsletter seiner Fraktion über den Verteiler der Wiener Standesver­tretung und wurde prompt angezeigt. Eine Strafzahlu­ng droht. (mte)

Newspapers in German

Newspapers from Austria