Wer zuerst geht, geht mit Zuschuss
Innenminister Sobotka verspricht den ersten tausend Asylwerbern, die sich für eine freiwillige Rückkehr in ihre Heimat entscheiden, Unterstützung in Höhe von je 1000 Euro. Angesprochen werden sollen damit vor allem Personen aus Afghanistan, Irak und Afrik
Wien – Wer unter den ersten hundert Anrufern ist, bekommt nicht nur einen, nicht nur zwei, sondern drei Gemüsehobel, und die ersten fünfzig Anrufer dürfen sich zusätzlich über den exklusiven Reibeaufsatz freuen. Das verkaufspsychologische Konzept des begrenzten Angebots, wie es vor allem von Teleshoppingkanälen bekannt ist, findet künftig auch in der österreichischen Asylpolitik Anwendung: Die ersten tausend Asylantragsteller, die sich freiwillig für eine Rückkehr in ihr Heimatland entscheiden, werden mit jeweils 1000 Euro unterstützt.
Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) stand am Mittwochvormittag vor der Filiale einer Bäckereikette am Bahnhof Wien-Praterstern und präsentierte den neuen Plan und die Sujets für seine Umsetzung. Digitale Werbeträger an Verkehrsknotenpunkten sollen Migranten von dem Angebot überzeugen. Die Kampagne „Freiwillige Ausreise – Ein Neustart mit Perspektiven“informiert in sechs Sprachen: „Ihr Asylverfahren läuft bereits, und Sie möchten freiwillig in Ihr Heimatland zurückkehren? Dann können Sie jetzt 1000 Euro Rückkehrhilfe beantragen, Familien maximal 3000 Euro.“Um keinen Pull-Faktor daraus zu machen, gilt das Angebot nur für vor dem 15. März gestellte Anträge.
Zielgruppe sind Personen, „die vermutlich kein Bleiberecht bei uns erwirken können“, sagte Sobotka. Asylwerber, die vor dieser Entscheidung stehen, haben also einen klaren Vorteil, wenn sie Erfahrung mit Wahrscheinlichkeitstheorie und Risikobewertung haben: Sie können auf einen positi- ven Bescheid spekulieren, dabei aber riskieren, auch ohne Tausender abgeschoben zu werden; oder aber sie nehmen das Geld an, ohne je zu erfahren, ob sie den Aufenthaltstitel erhalten hätten. Weil also der Anreiz, die Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen, mit sinkender Anerkennungswahrscheinlichkeit steigt, will Sobotka in erster Linie Asylwerber aus Ländern mit hohen Ablehnungsquoten ansprechen, etwa aus Afghanistan, dem Irak oder afrikanischen Staaten.
Dritter, wär’s ein Wettbewerb
Nach der Vorstellung des Innenministers sollen die Freiwilligen einen großen Teil jener 50.000 Antragsteller ausmachen, die Österreich bis 2019 wieder verlassen sollen. Die ersten Zahlen für 2017 seien „sehr schön“, sagte Sobotka, über 1700 Menschen wurden bis Mitte März ab- oder rückgeschoben oder verließen das Land freiwillig. Im Vorjahr waren es 10.700, darunter 5800 aus freien Stücken. In Annahme eines Wettbewerbs liege Österreich damit weltweit an dritter Stelle, sagte Wolfgang Taucher, der Leiter des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA).
An dem Pressetermin nahmen auch Vertreter von Hilfsorganisationen teil, die gemeinsam mit dem BFA die Rückkehrer beraten und ihren Abgang abwickeln sollen. Bernd Wachter, der Generalsekretär der Caritas, fand es zwar ungewohnt, sich mit dem Innenminister ein Podium zu teilen, dankte ihm aber und lobte wie Sobotka den Stellenwert von Rückkehrinitiativen: „Wir haben den Anspruch, Migranten auf allen ihren Wegen zu unterstützen, und dazu gehört auch Hilfe im Falle einer freiwilligen Rückkehr.“
Ganz neu ist diese Strategie freilich nicht. Von 50.000 bis 2019 außer Landes zu bringenden Asylwerbern sprach bereits vor einem Jahr Sobotkas Vorgängerin Johan- na Mikl-Leitner, und die entsprechende Kampagne trug mit „Rückkehrhilfe – Ein Neustart mit Perspektiven“einen nur unwesentlich anderen Titel. Auch Geld gibt es bereits seit längerem für die Ausreise, der verkaufspsychologische Anreiz hieß damals statt be- grenztes Angebot aber noch Fristablauf: Wer innerhalb der ersten drei Monate nach Antragstellung Österreich wieder verließ, erhielt 500 Euro, in den folgenden drei Monaten noch 250 Euro und nach einem halben Jahr nur noch 50 Euro.