„Lasst mich fahren, wie ich fahren will“
Max Verstappen ist der Shootingstar der Formel 1. Mit seiner aggressiven Fahrweise eckt der Pilot von Red Bull immer wieder an, was den Niederländer aber völlig kaltlässt. Dem Saisonstart am Sonntag in Melbourne blickt er zuversichtlich entgegen. Ich bin
INTERVIEW:
Standard: Die Testfahrten verliefen für Red Bull nicht ganz nach Wunsch. Es gab technische Probleme. RB-Berater Helmut Marko befand, dass es dem RB 13 ein bisschen an Zuverlässigkeit und Power fehle. Kann man heuer trotzdem näher an die dominierenden Mercedes-Silberpfeile heranrücken? Verstappen: Für uns ging es bei den Testfahrten noch nicht darum, zu zeigen, wie schnell wir sein können. Es ging darum, alle Teile zu testen, zu sehen, wie gut sie sind. Wir müssen Ruhe bewahren, das Auto verbessern. Ich bin grundsätzlich sehr positiv eingestellt und recht zuversichtlich, weil die Jungs von Renault schon Pläne hinsichtlich Verbesserungen für den Saisonstart in Melbourne haben.
Standard: Die neuen Boliden sind breiter und stärker. Können Sie nun mehr Risiko eingehen? Verstappen: Ja, ich denke schon. Die Kurvengeschwindigkeit wird um einiges höher sein, es wird für Nacken und Oberkörper eine größere Herausforderung. Wegen der höheren Belastung trainieren wir nun viel härter im physischen Bereich. Mehr Anpressdruck bedeutet, dass es schwerer wird zu überholen. Deshalb ist die Form des Frontflügels auch v-förmiger.
Standard: Marko hat noch vor den Testfahrten gesagt, man sei absolut wieder bereit zu gewinnen. Wie beurteilen Sie die Chancen? Verstappen: Jeder im Team ist sehr positiv gestimmt. Ich bin zuversichtlich, dass wir einen guten Wagen haben werden. Auch von der Motorenseite her haben wir einige gute Upgrades. Wenn alles zusammenpasst, haben wir gute Chancen.
Standard: Sie werden oft als Rowdy, als aggressiver Fahrer bezeichnet. Gefällt Ihnen das Image? Verstappen: Das kümmert mich nicht. Ich versuche immer, das bestmögliche Rennen abzuliefern – egal ob ich meine Position verteidigen oder angreifen muss.
Standard: Haben Sie Ihre Fertigkeiten im Kart-Sport gelernt? Verstappen: Ja, ich habe gemeinsam mit meinem Vater viel als junger Fahrer gelernt.
Standard: Ihr Vater Jos fuhr früher selbst Formel-1-Rennen. Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm? Verstappen: Mein Vater ist wie ein Freund, wir verbringen sehr viel Zeit zusammen. Standard: Ängstigt er sich? Verstappen: Ich glaube nicht, er ist eher nervös. Aber er vertraut mir in dem, was ich tue.
Standard: Feiern Sie auch mal eine Party, oder konzentrieren Sie sich rein auf den Sport? Verstappen: Generell ist es sehr wichtig, fit zu sein, und daher kann man nicht Partys feiern. Unter der Saison fährt man so viele Rennen und ist so viel unterwegs, dass man entspannen will, wenn man einmal zu Hause ist.
Standard: Sie vermissen nicht das Leben anderer Gleichaltriger? Verstappen: Absolut nicht, ich liebe es, Rennwagen zu fahren.
Standard: Früher wimmelte es in der Formel 1 nur so vor exzentrischen Persönlichkeiten. Sehen Sie sich auf dem Weg zu einem solchen Typ, wollen Sie ein solcher sein? Verstappen: Es ist nicht sinnvoll, auf die Karriere eines anderen zu schauen und zu versuchen, dasselbe zu tun. Man soll versuchen, sein Bestes für sich zu geben. Standard: Niki Lauda hat öfters kritisiert, Sie seien zu aggressiv. Verstappen: Er sieht meine Fahrweise genauso oft positiv. Das ist eine ganz normale Sache, wenn Teams gegeneinander kämpfen.
Standard: Spielt Angst eine Rolle? Verstappen: Nein, absolut nicht. Nicht in einem Wagen. Ich fahre seit jungen Jahren Rennen, bin damit groß geworden und fühle mich dabei wohl, weil ich weiß, was zu tun ist. Natürlich kann auch etwas schiefgehen.
Standard: Sie waren vergangene Saison mehrmals Fahrer des Tages, wurden als erster Motorsportler in den Niederlanden Sportler des Jahres. Was bedeuten Ihnen derartige Auszeichnungen? Verstappen: Das ist ein nettes Extra. Es tut gut, dass dich die Leute gerne fahren sehen.
Standard: Vergangene Saison war unter anderem Ihre Performance beim Regenrennen von Brasilien herausragend. Sind Sie bereit, mehr als andere zu riskieren? Verstappen: Nein, in erster Linie ist das Gefühl im Wagen entscheidend. Wenn man sich wohlfühlt, hat man Vertrauen in sich, bremst später. Das ist aber gerade im Nassen kritisch. Wenn man mehr Grip hat, wird man schneller, das ist normal. Ich bin glücklich mit dem Rennen, es waren genussreiche
letzte 15 Runden.
Standard: Sie glauben wohl nicht an etwas Höheres … Verstappen: Ich bin absolut nicht religiös. Du musst an dich glauben, das ist das Wichtigste. Ich glaube nicht, dass mich Gott beim Rennfahren unterstützt. Mein Motto lautet „Just go for it“.
Standard: Die Formel 1 hat mit sinkenden Quoten zu kämpfen. Haben Sie eine Idee, wie man sie interessanter machen könnte? Verstappen: Lasst mich fahren, wie ich fahren will, dann wird es interessant sein. Keine neuen Regeln!
MAX VERSTAPPEN (19) fährt seit 2015 in der Formel 1, seit Mai 2016 für Red Bull. In 40 Rennen gelangen ihm sieben Podestplätze (ein Sieg).