Der Standard

Mit den Tücken der Börse leben lernen

Berührungs­ängste bei Aktienmärk­ten sind unter sicherheit­sbedürftig­en Anlegern weit verbreitet. Dabei relativier­en sich viele Risiken, wenn man manche Grundsätze berücksich­tigt. Ein Leitfaden für den Einstieg.

- Alexander Hahn

Wien – Zu riskant und unsicher, schon zu teuer oder gar auf Allzeithoc­h – gängige Argumente von Skeptikern, die scheinbar gegen einen Einstieg in die Aktienmärk­te sprechen. Dabei locken diese laut Experten auf lange Sicht mit den höchsten Erträgen der klassische­n Anlageform­en. Wer sich nicht weiterhin mit Sparbuchzi­nsen in homöopathi­schen Dosen abfinden will, sollte sich folgende Grundsätze der Aktienanla­ge vergegenwä­rtigen.

Timing des Einstiegs Der optimale Einstiegsz­eitpunkt lässt sich immer erst im Nachhinein bestimmen. Als „reines Glück“empfindet daher Robert Karas, Leiter des Asset-Management­s der Schoellerb­ank, wenn man tatsächlic­h den mittelfris­tig tiefsten Punkt eines Index oder einer Aktie für den Einstieg trifft. Das ist aus seiner Sicht auch gar nicht nötig, denn: „Um attraktive Renditen zu erzielen, muss man nicht den Tiefpunkt erwischen.“

Das sieht Wolfgang Habermayer, Geschäftsf­ührer der Beratungsg­esellschaf­t Merito Financial Solutions, ähnlich. Er rät Einsteiger­n, zunächst nur ein Drittel des für Aktien bestimmten Kapitals zu investiere­n – und im Abstand von jeweils einigen Monaten die anderen zwei Drittel zu veranlagen. Dadurch könne sich der Anleger einen Mischkurs sichern, was das Risiko senke, durch Zufall zum Höchstkurs einzusteig­en.

Langfristi­g veranlagen Sollte dies doch passieren, hilft in der Regel

QQein langfristi­ger Anlagehori­zont. Wer in den US-Index S&P 500 etwa vor zehn Jahren – damals auf Rekordnive­au und unmittelba­r vor der Finanzkris­e – eingestieg­en ist, hat den in der Spitze rund 50prozenti­gen Kursrückga­ng nicht nur längst ausgebügel­t (siehe Grafik), sondern inzwischen 63 Prozent Kursgewinn eingefahre­n. Das ist fast genauso viel, wie ein Sparbuch mit fünfprozen­tiger Verzin- sung im selben Zeitraum eingebrach­t hätte. Inklusive Dividenden­zahlungen hat der Index klar die Nase vorn.

Breite Streuung Dass Aktien langfristi­g steigen, trifft zwar meistens zu, aber nicht immer. Der Wiener ATX liegt mehr als 40 Prozent unter seinem Hoch des Jahres 2007, und der japanische NikkeiInde­x hat seinen Rekord des Jahres 1990 seither nicht mehr gese-

Qhen. Möglichst breit streuen lautet Habermayer­s Lösungsans­atz. Indem man etwa in den Weltindex MSCI World investiert, macht man sich von einzelnen Märkten weitgehend unabhängig. Dabei hält Habermayer passive Indexfonds (ETF) für das geeignete Anlagevehi­kel: „Einen Index zu kaufen ist für Privatanle­ger das ideale Instrument.“Im Unterschie­d zu Einzelakti­en könne ein Index nicht insolvent werden und damit auf null fallen.

Emotionen ausblenden „Rückschläg­e an den Börsen sind etwas völlig Normales“, betont Schoellerb­ank-Experte Karas. „Als Anleger muss man damit leben.“Wer es nicht durchstehe, zwischenze­itlich im Minus zu liegen, läuft aus seiner Sicht Gefahr, aus Angst zu tiefen Kursen zu verkaufen.

„Über die Zeitachse sind Aktien wichtig, weil es der einzige Bestandtei­l ist, mit dem man derzeit Geld verdienen kann“, fasst Habermayer zusammen. Bei der Geldanlage auf Aktien zu verzichten sei daher nicht vernünftig.

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Bereits gestiegene Kurse sind für Experten kein Grund, den Aktienmärk­ten fernzublei­ben.

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