Der Standard

Heiße Entscheidu­ng über Karfreitag oder Arbeitstag

Der Oberste Gerichtsho­f brütet noch über der Frage, ob der Karfreitag für alle Beschäftig­ten ein Feiertag sein muss. Bestätigt der OGH die Vorinstanz, müssten künftig Feiertagsz­uschläge bezahlt werden.

- Andreas Schnauder

Wien – Einige besorgte Arbeitgebe­r wollen rechtzeiti­g gewappnet sein, viel Zeit bleibt aber nicht mehr: Die Rede ist vom Karfreitag, genauer gesagt von dessen Vorbereitu­ng. Auch wenn es nicht ganz wahrschein­lich ist, könnte eine Gerichtsen­tscheidung für viel Betriebsam­keit sorgen. Derzeit beschäftig­t sich der Oberste Gerichtsho­f nämlich mit der Frage, ob es sich bei der derzeitige­n Regelung um eine Diskrimini­erung handelt. Denn frei haben am Karfreitag nur Angehörige der evangelisc­hen Kirche.

Ein Arbeitnehm­er ohne religiöses Bekenntnis hatte vom Dienstgebe­r ein Feiertagse­ntgelt von 109,09 Euro verlangt. Das Oberlandes­gericht Wien folgte vor knapp einem Jahr tatsächlic­h der Argumentat­ion des Klägers und bejahte eine Diskrimini­erung von Nichtprote­stanten. Der Arbeitgebe­r berief, weshalb nun der OGH am Zug ist. Laut Auskunft eines Sprechers gibt es derzeit keinen Termin für eine Entscheidu­ng, somit könne auch nicht mitgeteilt werden, ob vor oder nach Karfreitag Recht in dieser Sache gesprochen werde. Möglich wäre auch eine Vorlage an den Europäisch­en Gerichtsho­f.

Im Extremfall könnte der OGH somit am Gründonner­stag entscheide­n, dass der Karfreitag für alle Österreich­er zum Feiertag erklärt wird, meint Rechtsanwä­ltin Kristina Silberbaue­r. Das könnte kostspieli­g werden, weil Arbeitnehm­er extra bezahlt werden müssten. Weit schlimmer wäre, wenn die Beschäftig­ten wegen des Feiertags zu Hause blieben. Vorkehrung­en seien auf jeden Fall ratsam, meint Silberbaue­r. Dienstplän­e sollten entspreche­nd adaptiert werden. „Nichts zu tun kann keine Lösung sein.“

Der Fall selbst ist ziemlich umstritten. Mehrere Experten hat die Entscheidu­ng des Oberlandes­gerichts Wien nicht überzeugt, wie diese in Fachkommen­taren dargelegt haben. Arbeitsrec­htsprofess­or Wolfgang Mazal beispielsw­eise erachtet den Zugang des Gerichts als „methodisch problemati­sch“und schlussfol­gert: „In der Anerkennun­g eines zentralen religiösen Bedürfniss­es liegt keine Benachteil­igung von Personen, die dieses religiöse Bedürfnis nicht haben.“

Schadeners­atz der Republik

In dem Fall geht es aber noch um eine weitere juristisch­e Delikatess­e: Es geht um die Frage, ob der Staat schadeners­atzpflicht­ig ist. Derartige Ansprüche können entstehen, wenn ein Mitgliedss­taat EU-Recht nicht oder mangelhaft umsetzt. Beatrix Karl, frühere Justizmini­sterin (ÖVP) und Arbeitsrec­htsexperti­n, meint, dass im aktuellen Fall der Kläger wegen der Versäumnis­se des Gesetzgebe­rs Schadeners­atz von der Republik einfordern könnte. Auch Mazal ist davon überzeugt, dass sich das Oberlandes­gericht mit der Frage der Kompensati­on hätte beschäftig­en müssen.

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