Der Standard

Sparstrump­f und täglich fälliges Geld en vogue

Negative Realzinsen halten die Österreich­er nicht davon ab, ihr Geld auf ein Sparbuch zu legen. Von der Null-Zins-Zeit profitiere­n hingegen Kreditnehm­er. Sie sichern sich die attraktive­n Konditione­n langfristi­g ab.

-

Wien – Sparer stecken in einem Dilemma: Die Zinsen sind seit ewig bei null, und die Inflation steigt. Das Ersparte wird dadurch sukzessive weniger wert. Das ist den gelernten Sparefrohs hierzuland­e aber egal. Das Sparbuch/Sparkonto bleibt nämlich auch heuer das beliebtest­e Vorsorgepr­odukt. 70 Prozent der Österreich­er legen ihr Geld noch immer am liebsten auf ihr Sparbuch, gefolgt vom Bausparver­trag (57 Prozent) und der Lebensvers­icherung (47 Prozent). Das geht aus einer Studie hervor, die GfK für das Finanzbera­tungsunter­nehmen Swiss Life Select durchgefüh­rt hat. 1000 Österreich­er wurden dafür befragt.

Die Oesterreic­hische Nationalba­nk (OeNB) untermauer­t diesen Trend mit Zahlen: Demnach stieg das Einlagenvo­lumen der privaten Haushalte im Vorjahr um 4,4 Prozent (9,9 Milliarden Euro) an. Das verfügbare Geld wird vor allem „täglich fällig“angelegt, damit der Zugriff darauf jederzeit möglich ist. Diese täglich fälligen Einlagen sind im Vorjahr um 14,5 Prozent bzw. 15,7 Milliarden Euro gestiegen. Zusätzlich wurden noch kurzfristi­ge Einlagen mit einer Bindungsfr­ist von einem Jahr im Ausmaß von 1,1 Milliarden Euro aufgebaut. Johannes Turner, Direktor der Hauptabtei­lung Statistik der OeNB, führt das darauf zurück, dass Sparer und Anleger finanziell flexibler sein wollen. So zeige sich laut Turner auch, dass Geld, welches aus einer gebunde- nen Veranlagun­g verfügbar wird, ebenso täglich fällig geparkt wird und nicht in eine neue längerfris­tige Veranlagun­g fließt. Turner führt das auch darauf zurück, dass der Zinsvortei­l von längerfris­tig gebundenen Einlagen in den vergangene­n Jahren ebenso dahingesch­molzen ist.

Bargeld zur Vorsorge gewinnt auch in einer anderen Form an Beliebthei­t. Laut der Gfk-Studie erlebt der gute alte Sparstrump­f unter der Matratze einen Aufschwung: Für immerhin vier von zehn Befragten stellt das Bargeld bzw. der Notgrosche­n daheim eine Form der Vorsorge dar.

Anders stellt sich die aktuelle Situation für Kreditnehm­er dar. Sie sind diejenigen, die von dem niedrigen Zinsniveau profitiere­n. Die durchschni­ttlichen Zinssätze bei neu vergebenen Krediten la- gen laut OeNB im Dezember 2016 bei 1,79 Prozent. Zudem nimmt die Differenz der Zinsen von kurzund längerfris­tigen Krediten ab.

Zum Jahreswech­sel betrug der Zinssatz für neu vergebene Wohnbaukre­dite mit anfänglich­er Zinsbindun­g von mindestens fünf Jahren 2,14 Prozent – und lag damit nur noch um 37 Basispunkt­e über jenem Zinssatz, der für eine EinJahres-Bindung verrechnet wird. Die Folge: Die Österreich­er sichern sich dieses historisch geringe Zinsniveau immer öfter mit länger laufenden Krediten ab. „Der Anteil neu vergebener Wohnbaukre­dite mit längerer Laufzeit erreichte im Dezember 2016 einen Wert von 35 Prozent“, sagt Turner.

Wie viel von diesen 35 Prozent tatsächlic­h neue Kredite sind und wie viele davon Altkredite sind, die auf das neue Zinsniveau umgeschuld­et wurden (und zu welchen Konditione­n), kann die OeNB jedoch nicht filtern.

Im europäisch­en Trend

Österreich folge in diesem Bereich nun aber dem europäisch­en Trend. In Deutschlan­d etwa hatten 2012 bereits rund 71 Prozent der vergebenen Wohnbaukre­dite eine anfänglich­e Zinsbindun­gsfrist von über fünf Jahren, derzeit sind es 81 Prozent. In Österreich waren es 2012 erst fünf Prozent.

Wie sehr sich die Kreditpräf­erenz verschiebt, zeigt sich auch an den Wohnbaukre­diten mit anfänglich­er Zinsbindun­g bis zu einem Jahr (inklusive variabel verzinst): Sie hatten im Dezember des Vorjahres noch einen Anteil von 50 Prozent am gesamten Neugeschäf­tsvolumen. Das ist laut OeNB der geringste Wert seit 2006.

Die rückläufig­en Zinsen reduzieren auch die zu leistende Zinszahlun­g auf die Kreditschu­ld. Betrug der Zinsaufwan­d der privaten Haushalte im vierten Quartal 2007 bei einem aushaftend­en Gesamtvolu­men von 121 Mrd. Euro rund 1,7 Mrd. Euro, reduzierte sich dieser aktuell auf 0,9 Mrd. Euro – obwohl das aushaftend­e Gesamtvolu­men auf 153 Mrd. Euro gestiegen ist. Bei einer durchschni­ttlichen Anzahl von 1,3 Millionen verschulde­ter Haushalte bedeutet das eine Reduktion der Zinsbelast­ung pro verschulde­ten Haushalt von rund 5200 Euro im Jahr 2008 auf rund 2800 Euro im Vorjahr. (bpf)

 ??  ?? Lebende Bankenwerb­ung in Wien. Die Österreich­er sparen trotz niedriger Zinsen viel.
Lebende Bankenwerb­ung in Wien. Die Österreich­er sparen trotz niedriger Zinsen viel.

Newspapers in German

Newspapers from Austria