Der Standard

Dritte Piste: Angriff auf Richter

Die Aufregung über den verfügten Baustopp für den Ausbau am Flughafen Wien legt sich nicht. Nun ermittelt die Justiz gegen Mitglieder des Richtersen­ats. Im Raum steht der Verdacht des Amtsmissbr­auchs. Kritik gibt es aber auch am Gericht selbst.

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Wien/Schwechat – Die umstritten­e Entscheidu­ng des Bundesverw­altungsger­ichts gegen den Bau der dritten Piste am Flughafen WienSchwec­hat ist um eine Facette reicher. Nun ermittelt die Wiener Staatsanwa­ltschaft laut Kurier gegen zwei der drei Richter.

Geprüft werde der Verdacht auf Missbrauch der Amtsgewalt, bestätigt eine Sprecherin dem STANDARD. Inhaltlich gehe es um Befangenhe­it. Ermittelt wird demnach gegen zwei Verdächtig­e und weitere Unbekannte.

Die Vorwürfe gegen die Richter seien vor einigen Wochen über die „Whistleblo­wer-Hotline“der Korruption­sstaatsanw­altschaft eingegange­n, berichtete der Kurier. Diese habe sich für nicht zuständig erklärt und die Causa deshalb an die Wiener Staatsanwa­ltschaft weitergele­itet.

Bei der Umweltschu­tzorganisa­tion Global 2000 stößt das nicht überrasche­nd auf Unverständ­nis. Immerhin gewichtete­n die Verwaltung­srichter bei ihrer Begründung des Baustopps den dadurch steigenden CO2-Ausstoß als schwerwieg­ender als alle wirtschaft­lichen und sicherheit­stechnisch­en Vorteile einer dritten Piste. Sie hätten damit Klimapolit­ik gemacht, lautete ein häufiges Argument der Kritiker.

Über das Urteil könne fachlich diskutiert werden, sagt Reinhard Uhrig von Global 2000. Für äußerst bedenklich hält er hingegen, „dass hier ein Ermittlung­sverfahren gegen unabhängig­e Richter eingeleite­t wird, weil gewissen Interessen­gruppen das Erkenntnis vom 2. Februar missfällt“. Dass das beim Flughafen Wien, der die dritte Piste schon seit Jahren fordert, der Fall ist, stellten die Betreiber von Anfang an klar. Man werde Rechtsmitt­el einlegen, hieß es unmittelba­r nach Bekanntwer­den der Entscheidu­ng in der zweiten Februarwoc­he. Am Donnerstag will man Details dazu bekanntgeb­en.

Kritik am Gericht

Heftig diskutiert wurde auch, ob das Erkenntnis juristisch halten würde. Die Meinungen dazu sind geteilt. Wissen wird man es erst, wenn dies Verwaltung­s- und vermutlich Verfassung­sgerichtsh­of überprüft haben werden. Seither reißt aber auch die heftige Kritik am Bundesverw­altungsger­icht als Ganzem und an den drei Richtern, die als Senat entschiede­n haben, nicht ab. Zwei von ihnen waren vorher im Umweltmini­sterium, ein dritter Generalsek­retär der Land- und Forstbetri­ebe. Hinterfrag­t werden sowohl der Bestellmod­us als auch die Ausbildung der Richter der jungen Behörde, die erst mit Jänner 2014 ins Leben gerufen wurde.

In juristisch­en Kreisen ist aber auch eine Debatte losgebroch­en, ob eine „Wertungsfr­age“bei einer von der Politik unabhängig­en Behörde, eben dem Bundesverw­altungsger­icht, gut aufgehoben sei. Immerhin könne eine Entscheidu­ng davon abhängig sein, welche Richter gerade dem Senat zugeteilt sind.

Die Frage, ob der Richtersen­at befangen gewesen sei, kam schnell aufs Tapet. Verfassung­srechtler Heinz Mayer erklärte im ORF-Radio nun, er könne von außen jedenfalls nicht erkennen, dass schwerwieg­ende Mängel vorlägen, schon gar nicht strafrecht­lich relevante.

Grundsätzl­ich ist die Frage, ob Richter aufgrund eines persönlich­en Naheverhäl­tnisses nicht an einem Spruch beteiligt sein sollten, im Verfahren selbst geltend zu machen, also bei dem betroffene­n Richter. Triftige Gründe wären etwa eine Parteienst­ellung, aber auch „sonstige wichtige Gründe, die geeignet sind, die volle Unbefangen­heit in Zweifel zu ziehen“. Tatsächlic­h musste sich der Senat im Zuge des Verfahrens mit einem Befangenhe­itsantrag auseinande­rsetzen, vorgebrach­t von Fluglärmge­gnern. Der Senat hat das damals verneint. (Reuters, rebu)

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Die Gegner der dritten Piste formuliert­en lautstark ihren Protest. Ebenso heftig ist der Protest gegen die Richter, die einen Stopp verfügten.

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