Der Standard

Beduselter Bürokrat

- Andreas Sator

Es ist nur eine kurze, niveaulose Passage in einem langen Interview, der man eigentlich gar keine Beachtung schenken dürfte. Wäre sie nicht so symptomati­sch für den Umgang mit den Südländern in Europa und würde sie nicht von Jeroen Dijsselblo­em kommen, einer der zentralen Figuren im Umgang mit der Eurokrise.

Man könne nicht sein ganzes Geld für Schnaps und Frauen ausgeben und anschließe­nd um Hilfe bitten, sagte der niederländ­ische Finanzmini­ster und Vorsitzend­e der Eurogruppe in einem Interview der deutschen FAZ. Das gelte auf persönlich­er Ebene, aber auch auf europäisch­er. Auf wen er damit anspielt, ist klar: auf die Espresso schlürfend­en Italiener und die in der Hängematte liegenden Griechen.

Während sie es sich gutgehen lassen, müssen die hart arbeitende­n Nordländer, die Niederländ­er, die Deutschen, für ihre Rechnungen aufkommen. Auch wir Österreich­er fühlen uns davon angesproch­en, gehören natürlich zu den Fleißigen. Der Spitzendip­lomat Dijsselblo­em verstärkt diese Vorurteile, die in vielen Köpfen verwurzelt sind, weiter.

Nicht ohne Konsequenz­en. Die Griechen müssen weiter sparen, ihre Schulden zahlen: Sie sind ja selbst schuld. Wer feiern geht, muss am nächsten Tag auch mit dem Kater leben. Auf der Strecke bleiben europäisch­e Solidaritä­t und eine sinnvolle Wirtschaft­spolitik. Dijsselblo­ems Äußerung ist ein geistloser Ausdruck eines Symptoms, unter dem ein ganzer Kontinent und dessen Zukunft leiden.

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