Beduselter Bürokrat
Es ist nur eine kurze, niveaulose Passage in einem langen Interview, der man eigentlich gar keine Beachtung schenken dürfte. Wäre sie nicht so symptomatisch für den Umgang mit den Südländern in Europa und würde sie nicht von Jeroen Dijsselbloem kommen, einer der zentralen Figuren im Umgang mit der Eurokrise.
Man könne nicht sein ganzes Geld für Schnaps und Frauen ausgeben und anschließend um Hilfe bitten, sagte der niederländische Finanzminister und Vorsitzende der Eurogruppe in einem Interview der deutschen FAZ. Das gelte auf persönlicher Ebene, aber auch auf europäischer. Auf wen er damit anspielt, ist klar: auf die Espresso schlürfenden Italiener und die in der Hängematte liegenden Griechen.
Während sie es sich gutgehen lassen, müssen die hart arbeitenden Nordländer, die Niederländer, die Deutschen, für ihre Rechnungen aufkommen. Auch wir Österreicher fühlen uns davon angesprochen, gehören natürlich zu den Fleißigen. Der Spitzendiplomat Dijsselbloem verstärkt diese Vorurteile, die in vielen Köpfen verwurzelt sind, weiter.
Nicht ohne Konsequenzen. Die Griechen müssen weiter sparen, ihre Schulden zahlen: Sie sind ja selbst schuld. Wer feiern geht, muss am nächsten Tag auch mit dem Kater leben. Auf der Strecke bleiben europäische Solidarität und eine sinnvolle Wirtschaftspolitik. Dijsselbloems Äußerung ist ein geistloser Ausdruck eines Symptoms, unter dem ein ganzer Kontinent und dessen Zukunft leiden.