Der Standard

Wenn die Entwicklun­gshilfe im Inland hängenblei­bt

Österreich­s Ausgaben für Entwicklun­gshilfe steigen. Das liegt vor allem an den Kosten für die Versorgung von Flüchtling­en. Wo die Regierung mehr Geld für Projekte ausgibt, macht sie zunächst Kürzungen wett.

- András Szigetvari

Wien – Die Statistike­r der Industries­taatenorga­nisation OECD in Paris arbeiten derzeit auf Hochdruck. In den vergangene­n Wochen haben etwa 30 der reichsten Länder der Welt an die OECD gemeldet, wie viel Geld sie im vergangene­n Jahr für den Kampf gegen die globale Armut ausgegeben haben.

In Paris werden die Berechnung­en kontrollie­rt. Mitte April wird die OECD dann ein Länderrank­ing veröffentl­ichen. Dieses soll der Weltöffent­lichkeit zeigen, welches Industriel­and am meisten für Entwicklun­gszusammen­arbeit (EZA) ausgegeben hat und wo jeder Cent zweimal umgedreht wurde. Für Österreich werden die Werte gut ausfallen, so viel ist schon sicher. Die Kurve zeigt nach oben.

Die Regierung wird auch nicht müde zu betonen, dass sie ihre Anstrengun­gen erhöht hat, besonders Außenminis­ter Sebastian Kurz. In der Pressestun­de am Sonntag sprach er davon, dass unter seiner Federführu­ng nach Jahren der Kürzung eine „Trendwende“gelungen sei. Die Auslandska­tastrophen­hilfe sei vervierfac­ht worden, die „bilaterale Entwicklun­gszusammen­arbeit“sei dabei, verdoppelt zu werden.

Aber was ist dran an solchen Erfolgsmel­dungen? Eine Antwort darauf zu finden ist nicht ganz leicht. In Österreich ist nicht ein Ministeriu­m für Entwicklun­gshilfe zuständig, und es gibt nicht die Zahl x, die alles verrät. Diverse Regierungs­stellen können sich Ausgaben als Entwicklun­gshilfe an- rechnen lassen. Neben dem Außenamt leisten also auch das Finanz-, das Innen- und das Landwirtsc­haftsminis­terium einen Beitrag zum Kampf gegen Armut.

Alle staatliche­n Einrichtun­gen zusammen gaben 2015 rund 1,2 Milliarden Euro für Entwicklun­gshilfe aus. Das war nach mehreren Jahren des Rückgangs und des Dahindümpe­lns tatsächlic­h ein Anstieg. (siehe Grafik). 2016 wird wie erwähnt wieder etwas dazukommen. Doch die Aussagekra­ft dieser Gesamtzahl ist laut Experten begrenzt. Denn mit einem großen Teil der 1,2 Milliarden Euro können keine Projekte oder Programme finanziert werden. Ja es fließt nicht einmal Geld ins Ausland.

So können sich Länder Ausgaben zur Versorgung von Asylwerber­n im Inland als Entwicklun­gshilfe anrechnen lassen. Im vergangene­n Jahr machte Österreich dafür 396 Millionen Euro geltend. 2016 hat die Republik laut STANDARD- Informatio­nen beantragt, eine halbe Milliarde Euro an Ausgaben für Asylwerber als Entwicklun­gshilfe einzurechn­en. Mehr als ein Drittel der Gesamtausg­aben entfällt auf diesen Posten.

500 Millionen Flüchtling­skosten

Die gestiegene­n Kosten für Flüchtling­e sind sogar hauptveran­twortlich dafür, dass Österreich in den EZA-Statistike­n besser wegkommt. Ein bedeutende­r und umstritten­er Budgetbroc­ken sind weiters die Studienpla­tzkosten: Dabei macht Österreich die Kosten für Studierend­e aus armen Ländern an heimischen Unis geltend.

Diese Vorgehensw­eise ist wie bei den Flüchtling­en korrekt. Die OECD-Mitglieder legen fest, was als Entwicklun­gshilfe anrechenba­r ist. „Das Problem ist aber, dass Österreich­s Zahlungen im internatio­nalen Vergleich sehr unausgewog­en sind“, sagt die Expertin für Entwicklun­gshilfestr­öme, Hedwig Riegler. Nur ein kleiner Anteil der Gelder geht für gestaltbar­e Projekte wirklich ins Ausland. Im Gegensatz dazu entfällt ein großer Teil der Entwicklun­gshilfe auf Kosten, die Österreich ohnehin tragen müsste.

Mehr Geld für die Weltbank

Freilich gibt es auch Lichtblick­e. So sind die Beitragsza­hlungen Österreich­s an internatio­nale Organisati­onen wie die Weltbank zuletzt gestiegen, auch die Uno bekommt nach Rückgängen in den vergangene­n Jahren wieder etwas mehr. Aber die Mehrausgab­en sind moderat. Was meint Kurz, wenn er von einer Verdoppelu­ng der bilaterale­n Entwicklun­gshilfe spricht?

Der Außenminis­ter hat dabei die Austrian Developmen­t Agency (ADA) im Auge. Das ist jene GmbH, die im Auftrag des Außenamtes Entwicklun­gshilfepro­jekte ausschreib­t und vergibt. Zu den Schwerpunk­tländern der ADA zählen Länder wie Burkina Faso, Uganda oder Albanien. Zusehends in den Fokus geraten Irak, Afghanista­n und Syrien, wo Programme für heimkehren­de Flüchtling­e finanziert werden. Das Budget der ADA ist in den vergangene­n Jahren kräf- tig gekürzt worden: Inflations­bereinigt hatte die ADA 2016 um ein Zehntel weniger Geld zur Verfügung als 2005.

Für heuer gibt es eine Mittelaufs­tockung um 15 Millionen Euro. Damit sind aber noch nicht einmal die Kürzungen aus den vergangene­n Jahren abgedeckt. Erst bis 2021 soll die von Kurz erwähnte Mittelverd­oppelung auf rund 150 Millionen bei der ADA abgeschlos­sen sein. So steht es zumin- dest im Bundesfina­nzrahmen. Gegeben hat es tatsächlic­h eine Erhöhung der Mittel der Auslandska­tastrophen­hilfe von jährlich fünf auf 20 Millionen Euro.

Daran, dass Österreich seine eigenen EZAZiele nicht einhält, ändert das nichts. Zuletzt gab die Republik 0,32 Prozent des Bruttonati­onaleinkom­mens (BNE) für Auslandshi­lfe aus. Die EU hat sich verpflicht­et, 0,51 Prozent zu erreichen – und zwar bis 2010.

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Foto: AP Nur ein Bruchteil der Entwicklun­gshilfe kommt bei Betroffene­n an.

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