Der Standard

Schnelle Hilfe für Terroropfe­r

Todeszahl nach London-Anschlag von Mittwoch erhöht

- Sebastian Borger aus London

Der Osten Londons, die Industries­tädte Luton im Norden der Hauptstadt und Crawley in deren Süden. Schließlic­h Birmingham. Die Liste der Wohnorte von Khalid Masood umfasst zahlreiche Orte, an denen sich oft islamistis­che Fanatiker treffen. Fieberhaft waren Hunderte von Ermittlern auch am Freitag damit beschäftig­t, das Leben des Angreifers von Westminste­r zu rekonstrui­eren.

In London trafen sich an der Westminste­r Abbey, wenige Hundert Meter von den Tatorten entfernt, die Leiter der wichtigste­n Religionsg­emeinschaf­ten auf der Insel zum gemeinsame­n Gedenken. Mit muslimisch­en Imamen, dem Chefrabbin­er Großbritan­niens und dem katholisch­en Erzbischof wolle er vor allem für die vier Mordopfer und die rund 40 Verletzten beten, sagte der Erzbischof der anglikanis­chen Staatskirc­he, Justin Welby. Unterdesse­n zeigen die Briten große materielle Hilfsberei­tschaft: Ein Spendenauf­ruf der Polizeigew­erkschaft für die Familie des vor dem Parlament getöteten Beamten Keith Palmer hat bis Freitagmit­tag weit über eine halbe Million Pfund erbracht.

Am späten Donnerstag­abend hat sich die Zahl der Todesopfer des Anschlags vom Mittwoch noch einmal erhöht: Ein 75-jähriger Mann aus Südlondon war seinen Verletzung­en erlegen. Damit wurden beim Anschlag neben dem Täter vier Menschen getötet. Zu den Opfern zählen auch die britische Spanischle­hrerin Aysha Frade und der amerikanis­che Musiker Kurt Cochran. Die weniger drastisch Verletzten erhielten mittlerwei­le Besuche von Premiermin­isterin Theresa May und Thronfolge­r Prinz Charles. Beide lobten das rasche und beherzte Eingreifen des Klinikpers­onals.

Auf der schiefen Bahn

An einem Bekennersc­hreiben der Terrorgrup­pe IS für die Tat äußerten Terrorexpe­rten am Freitag Zweifel. Zwar sei Masood womöglich einem Aufruf des IS gefolgt, von einer Koordinati­on mit der Gruppe gehe man aber nicht aus.

Über das Vorleben des vierfachen Mörders weiß die Kripo mittlerwei­le schon recht viel. Am ersten Weihnachts­feiertag 1964 als Sohn einer 17-Jährigen zur Welt gekommen, wuchs Adrian Elms, später Adrian Russell Ajao, bei seiner Mutter südlich von London auf. Er absolviert­e ein Wirtschaft­sstudium, arbeitete später für eine Chemiefirm­a. Unklar war der Sonderkomm­ission bis zum Freitagnac­hmittag, wann Ajao zum Islam übertrat und ob damit schon die Radikalisi­erung einherging.

Jedenfalls benutzte er seither den Namen Khalid Masood, arbeitete als Englischle­hrer, offenbar auch mehrere Jahre in Saudi-Arabien. Was Masood schließlic­h zur Tat bewegte? Vielleicht geben darüber jene acht Männer Auskunft, die seit Donnerstag­früh vorläufig festgenomm­en wurden. Bekannt sind seine Worte am Tatmorgen zu einem Rezeptioni­sten: „Heute fahre ich nach London, die Stadt ist nicht mehr wie früher.“

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