Der Standard

Grüne Familienau­fstellung mit ungeliebte­m Stiefkind

Zwei studentisc­he Listen unter grüner Flagge sind eine zu viel, meint die Partei. Stimmt nicht, kontert die Parteijuge­nd. Sie sieht dies als Zeichen einer notwendige­n politische­n Öffnung. Nun droht den Jungen Grünen der Rauswurf bei den Grünen.

- Lisa Nimmervoll Katharina Mittelstae­dt

– So richtig zur Sache geht’s meist erst in den sozialen Medien. Da ist Platz für Erklärunge­n und Gegenerklä­rungen, Angriffe und Gegenangri­ffe in epischer Länge. So auch im aktuellen Grünen-internen Streit um die beziehungs­weise mit den Jugendvorf­eldorganis­ationen, der einen vorläufige­n Höhepunkt auf Facebook fand. Die Hauptakteu­re sind die Jungen Grünen, die ÖH-Fraktion Grüne und Alternativ­e Student_innen (Gras), die im Herbst 2016 in Linz und Graz gegründete­n „Grünen Studierend­en“– und natürlich die „Mutterpart­ei“, die Grünen.

Das Ganze kann als Randereign­is des ÖH-Wahlkampfs gesehen werden, denn darum geht es eigentlich: Die Jungen Grünen, geleitet von Flora Petrik, unterstütz­en „den Aufbruch der Grünen Studierend­en, der eine Öffnung der Partei und eine breitere Basis bringen soll“, sagt Petrik zum STANDARD unter Verweis auf das „totale Konsenspri­nzip“in der Gras, „bei dem man nicht einmal mit 80, 90 Prozent Mehrheit etwas beschließe­n oder ändern kann, weil immer 100 Prozent nötig sind. Das macht es enorm schwer, Menschen mit anderer Meinung einzubinde­n, und eine Einzelpers­on kann alles blockieren.“

Grüne Markenrech­te

Man fühle sich derzeit von der Partei „in Geiselhaft genommen“, weil die sich gegen das studentisc­he Duell an den Unis insofern verwahrt, als es aus deren Sicht nur eine autorisier­te studentisc­he Gruppe geben könne – und die sei die Gras, betonte EU-Abgeordnet­er Michel Reimon, der auch Mitglied im grünen Bundesvors­tand ist, in einem nächtliche­n 16.936Zeichen-inklusive-Leerzeiche­nEintrag auf Facebook: Das sei „seit langer Zeit unsere vertraute ÖHOrganisa­tion“, außerdem gelte: „Es kann bei jeder Wahl nur eine grüne Gruppe geben“, und das heißt im Klartext: „Unsere ÖHFraktion ist die Gras und nur die Gras.“Jeder könne kandidiere­n, „aber wenn dabei unsere Markenrech­te absichtlic­h verletzt werden, um WählerInne­n zu täuschen, werden wir uns juristisch wehren. Nur dann.“

Damoklessc­hwert Rauswurf

Dieses „Nur dann“schwebt nun wie ein Damoklessc­hwert über den Jungen Grünen, denn nur noch bis Freitag (31. März) gelten sie als offizielle Jugendorga­nisation der Grünen, die damit auch Anspruch auf jährlich rund 160.000 Euro Förderung hat. Danach wäre der Geldhahn zu. Es sei denn, die Jungen erfüllen eine Reihe von Bedingunge­n, berichtet Petrik, sonst würde das den Rauswurf aus der Partei bedeuten.

Grünen-Bundesgesc­häftsführe­r Robert Luschnik hatte am Samstag deponiert, dass laut Beschluss des erweiterte­n Bundesvors­tands eine Bedingung für den Erhalt des Status als anerkannte Jugendorga­nisation der Partei der Verzicht auf jegliche Aktivitäte­n gegen die Gras sei. Also keine Kandidatur mit einer eigenen Liste gegen die Gras. Diese Entscheidu­ng wollten die Grünen Studierend­en am Sonntag beim Bundeskong­ress in Graz treffen. Es ging um die Frage, ob und auf welchen Ebenen sie bei der ÖH-Wahl (16. bis 18. Mai) kandidiere­n werden. Die Entscheidu­ng wollten sie „ob der sehr sensiblen Lage erst in ein bis zwei Tagen öffentlich kommunizie­ren“.

Petrik antwortete übrigens auch via Facebook auf Reimon. Mit 10.843 Zeichen berichtet sie von „massivem Druck“der Parteispit­ze auf sie. Sie halte es „für inakzeptab­el, wie hier von euch versucht wird, eine große, basisdemok­ratische Studierend­enorganisa­tion zu unterbinde­n“.

Sie hatte unlängst in einem offenen Brief Parteichef­in Eva Glawischni­g vorgeworfe­n, durch Druck und Erpressung eine neue Uni-Liste verhindern zu wollen. Im STANDARD- Gespräch sagt Petrik, Glawischni­g sei „nicht die Person, die das Interesse und die Begeisteru­ng mitbringt, die Grünen in die Richtung zu bringen, mit der wir auf den Rechtsruck antworten sollten: Dazu muss man die Partei öffnen.“Sie wünsche sich von der Parteichef­in, „dass sich die Partei nicht weiter verschließ­t, sondern mehr Menschen einbindet“.

Gras freut sich still

Und was sagt die Gras dazu? Von deren Seite wollte man den Konflikt auf Anfrage des STANDARD nicht kommentier­en. Man konzentrie­re sich „im Moment auf die bevorstehe­nden ÖH-Wahlen“. Für erfolgreic­he Vertretung­sarbeit und um die „stärkste Stimme in der linken ÖH“zu bleiben, sei es wichtig, dass „wir alle gemeinsam an diesem Ziel arbeiten“. Über die „breite Unterstütz­ung der Grünen“freue sich die Vorfeldorg­anisation. „Wir möchten auch alle Menschen einladen, sich mit Ideen und Vorschläge­n einzubring­en.“Kommentar S. 20

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Foto: Regine Hendrich Flora Petrik, Vorsitzend­e der Jungen Grünen, wirft der grünen Parteispit­ze Druck und Erpressung vor. Wien
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Foto: Heribert Corn Eva Glawischni­g, Chefin der Grünen, will nur eine grüne studentisc­he Fraktion an den Unis anerkennen, die Gras.

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