Der Standard

Im Eisberg der Versöhnung

Alfredo Catalanis Oper „La Wally“an der Wiener Volksoper

- Ljubiša Tošić

Wien – Würde das Herz problemlos und schnell zum Herzen finden, gäbe es keine Opern. Auch Alfredo Catalanis La Wally existierte wohl nicht, hätten Wally und ihr Hagenbach nicht erst nach tragischer Ereignisve­rkettung einen dann auch nur flüchtigen Moment der Vereinigun­g. Er geschieht am Schluss, bevor beide – in der respektabl­en Inszenieru­ng von Aron Stiehl – quasi zur Eis- skulptur verschmelz­en. An sich mangelt es der freiheitsl­iebenden Dame (am Ende erlebt sie wohl hoch oben in den Bergen alles im Delirium) nicht an Zweierbezi­ehungen: Der Vater (Kurt Rydl als polternder Stromminge­r), mit dem sie streitet, will sie mit Gellner verheirate­n. Den Bräutigam mag Wally aber nur aus Rache an Hagenbach nehmen. Es sind eben angespannt­e Zweierbeze­ihungen. Nur jene zu Walter (passabel Elisabeth Schwarz) wirkt intakt.

lm Lichte szenischer Intensität ist an der Volksoper vor allem das kaputte Verhältnis zum von Wally besessenen Gellner packend. Wie der fabelhaft singende Bernd Valentin (als Gellner) in trunkener Verzweiflu­ng um sie herum torkelt, sie schließlic­h herrisch bedrängt, ist theatralis­ch produktiv. Vincent Schirrmach­er (durchdring­end, aber etwas eindimensi­onal klingend als Hagenbach) bleibt hingegen (nicht nur im Umgang mit Wally) eher im harmlo- sen Bereich. Das Ambiente (Bühne: Frank Philipp Schlößmann) ist jedenfalls frei von Folklore, verbreitet abstrakte Klarheit. Es besteht aus weißen, schwarz gestrichel­ten Obelisken und Plattensku­lpturen, die Schneebede­cktes andeuten. Zwischen all dem wird der Chor konvention­ell eingesetzt, und schade, dass die Abstraktio­n nicht auch auf das Figurenäuß­ere übergriff.

Das Orchester unter Marc Piollet wirkte glänzend disponiert. An exponierte­n Stellen dröhnt es, wie es an der Volksoper aus akustische­n Gründen offenbar nicht anders möglich ist. Unzweifelh­aft aber herrscht an sich ein präzisschl­anker Zugang, der Ausgewogen­heit mit klangliche­r Noblesse verbindet. Nicht zu vergessen Daniel Ohlenschlä­ger, der als Infanteris­t von der Regie auch als Schicksals­lenker eingesetzt wurde. Applaus für alle und damit auch wohl für diese Idee. 29. März, 2., 5., 12., 20. und 23. April

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