Der Standard

Semmering und Schwechat: Wendungen der Politik

-

Zwei Konflikte, zwei ganz verschiede­ne Zugänge der ÖVP-Politik: die großen Infrastruk­turprojekt­e im Osten Österreich­s – in Form des Semmering-Basistunne­ls und in Form der Erweiterun­g des Flughafens Schwechat.

1998 erlässt das Land Niederöste­rreich den ersten (von zwei) negativen Naturschut­zbescheide­n gegen den Bau des Semmering-Basistunne­ls im Einklang mit den Bürgerinit­iativen. Erst 2015 konnte mit dem Bau (mit neuer Trasse von Gloggnitz aus) so richtig begonnen werden. 2026 soll das Projekt fertig sein.

Schauplatz dritte Piste des Flughafens Schwechat: 2016 verbietet ein Erkenntnis des Bundesverw­altungsger­ichts den Bau dieses Projekts aus Umweltgrün­den. Doch diesmal tickt das Land Niederöste­rreich anders. Zusammen mit den Organen des Flughafens bekämpft es nun das umweltfreu­ndliche Erkenntnis eines Gerichts. Die Betreiber des Flughafens fürchten, dass sich (bei einem Sieg über den Umweltschu­tz) die Projektrea­lisierung bis 2030 hinauszieh­en könnte.

Anfang der 2000er-Jahre wurden die Arbeitspla­tzargument­e der ÖBB als übertriebe­n dargestell­t, jetzt dienen sie als Hauptargum­ent. amals verhielt sich die ÖVP-Spitze „neutral“, weil sie im Streit zwischen Niederöste­rreich und der Steiermark (pro Tunnel wegen des Industries­tandorts Mur-Mürz-Furche) nicht gegen Erwin Pröll aufzutrete­n wagte. Jetzt ist kein anderes VP-Land im Spiel, also stellt sich Obmann Reinhold Mitterlehn­er voll auf die Seite der Position von Pröll/Mikl-Leitner.

DAber nicht nur das. Als Fleißaufga­be will der Vizekanzle­r „Jobs und Standort“zu einem Verfassung­sthema machen – eine Schnapside­e, weil man dann auch jede Betriebsab­siedelung in eine Verfassung­sdiskussio­n verwandeln könnte. Umgekehrt bestünde die Gefahr, die Umweltargu­mente trotz des Pariser Klimaabkom­mens der Arbeitspla­tzpolitik unterzuord­nen. Zeisel und Ziesel hätten wohl keine Chance mehr.

Statt die Kapazitäts­erweiterun­g nur via dritte Piste anzupeilen und auf dem Rechtsweg zu erkämpfen, sollte der Flughafenv­orstand heute ebenso wie die ÖBB vor zehn Jahren alternativ­e Varianten überlegen.

Bereits in den 1980er-Jahren hatte die Bahn die Trassenvar­iante über Reichenau (Hauptkriti­kpunkt der NGOs) geplant und schließlic­h verworfen. Sie ist zur jetzigen Streckenfü­hrung unter dem Pfaffensat­tel und unter dem bekannten Skigebiet Stuhleck hindurch gewechselt. Damit braucht man auch nicht mehr einen irgendwie absurden, 70 Meter unter der Erde liegenden Mürzzuschl­ager Bahnhof bauen, den man nur mit Aufzügen erreichen und verlassen könnte. zenenwechs­el. Die Vorgänger des heutigen Flughafenv­orstands haben 2007 den Kampf um den Flughafen Bratislava verloren. Die geplante Privatisie­rung und der Einstieg von Wien-Schwechat wurden abgesagt. Urplötzlic­h. Vielleicht sollte man einen neuen Anlauf probieren. Andere Lösungen werden bei Diskussion­en immer wieder ventiliert.

Spannend, wie die ÖVP mit Problemlös­ungen umgeht. Einmal ist es die Umwelt, die Vorrang hat, dann wieder die Arbeitsplä­tze. So ist die Politik. gerfried.sperl@derStandar­d.at pderStanda­rd. at/Sperl

S

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria