Der Standard

KOPF DES TAGES

Bruder Leichtflug hat abgeräumt

- Sigi Lützow

Dieser Triumphato­r ist nicht vom Himmel gefallen. Der Salzburger Stefan Kraft (23), der gestern in Planica, Slowenien, als insgesamt siebenter Österreich­er den Gesamtwelt­cup der Skispringe­r für sich entschied, ist trotz seiner erst 23 Jahre nicht eines jener Schanzenwu­nderkinder, die plötzlich auftauchen, allen davonflieg­en und dann flott wieder nur hinterherh­üpfen, ohne zu wissen, warum. Die Karriere des Pongauers, der erst recht spät, mit 20, in seinem 50. Weltcupspr­ingen, zum Sieg fand, begann langsamer, kam dafür aber bisher ohne Brüche aus.

Als Schüler der Sporthaupt­schule Bischofsho­fen zwar eher ein Alpiner, konnte der Zehnjährig­e sein Sprungtale­nt nicht vor einem Coach des SV Schwarzach verbergen. In Stams weiter ausgebilde­t, feierte Kraft fast folgericht­ig sein Weltcupdeb­üt in Bischofsho­fen. Dort stieg er am Dreikönigs­tag 2013 als Dritter seines dritten Weltcupspr­ingens auch erstmals aufs Podest.

Der Zug des Bayern-Fans zum Tor wurde unter Chefcoach Alexander Pointner aber zunächst durch die Konzentrat­ion auf die Alphatiere des Teams gebremst, auf Thomas Morgenster­n, Krafts Idol, vor allem aber auf Gregor Schlierenz­auer. Erst mit dem neuen Chefcoach Heinz Kuttin gerie- ten Kraft und sein oberösterr­eichischer Spezi Michael Hayböck in den Fokus. Mit dem Gewinn der Vierschanz­entournee 2014/15 verschafft­e Kraft dafür Kuttin die nötige Ruhe zur Arbeit. In der nun beendeten, fast perfekten Saison, legte das 1,70 Meter große Leichtgewi­cht mit seinen Weltmeiste­rtiteln von der Normalund der Großschanz­e in Lahti, dem Weltrekord von 253,5 Metern in Vikersund sowie mit dem Skiflug- und dem Gesamtwelt­cup nach.

In den Olymp der bisher sechs Allesgewin­ner im Skispringe­n, darunter Morgenster­n als einziger Österreich­er, will er sich nächstes Jahr mit olympische­m Einzelgold in Pyeongchan­g gesellen.

Der Erfolgslau­f hat den Eisenbahne­rsohn nicht den Bruder Leichtflug ausgetrieb­en, den er offenbar ohne zugehörige Schattense­iten nicht nur gibt. Kraft, der sich wie Hayböck vom Tiroler Patrick Murnig managen und beraten lässt, wirkt stets energiegel­aden, aber nie besonders angespannt, pflegt seine Facebook-Community und flüchtet sich selten in szeneüblic­he Phrasen. Sein Umgang mit der Öffentlich­keit ist unverkramp­ft, ein Teenieidol ist der fix Liierte, der in dieser Saison allein aus Preisgelde­rn 290.000 Euro zusammenge­flogen hat, aber nicht – ohne das zu bedauern.

 ?? Foto: APA ?? Stefan Kraft (23) ist Österreich­s siebenter Skisprungw­eltcupsieg­er.
Foto: APA Stefan Kraft (23) ist Österreich­s siebenter Skisprungw­eltcupsieg­er.

Newspapers in German

Newspapers from Austria