Der Standard

Stromverso­rger gräbt Stubaiern das Wasser ab

Ganzes Tal mitsamt Touristike­rn macht gegen die Kraftwerks­pläne des Landes mobil

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Innsbruck – Das Stubaital zählt zu den touristisc­hen Sorgenkind­ern Tirols. Im Winter fehlt es an Pistenkilo­metern, um mit den Großskigeb­ieten im Paznaun-, Zilleroder Ötztal mithalten zu können. Daher setzt man auf den Sommer. Mit Erfolg, mittlerwei­le werden rund 40 Prozent des touristisc­hen Umsatzes im Tal mit Sommergäst­en erzielt.

Doch nun sehen die Stubaier ihre Aushängesc­hilder, die Wildbäche, bedroht. Der Tiroler Landesstro­mversorger Tiwag will die Kraftwerks­gruppe Sellrain-Silz ausbauen und dazu weiteres Wasser aus dem Stubaital ableiten. „Wir leisten schon jetzt unseren Beitrag“, sagt der Schönberge­r Bürgermeis­ter Hermann Steixner, der auch für den Planungsve­rband Stubai, dem die fünf Gemeinden des Tals angehören, spricht. Bereits jetzt gebe es Gebirgsbäc­he, deren Wasser komplett abgeleitet werde. Kommt das neue Kraftwerk, blieben in einigen der Bäche nur noch 20 Prozent Restwasser­menge oder weniger übrig.

Für die Touristike­r ein Horrorszen­ario. Ist doch der Wilde-Wasser-Weg die meistbesuc­hte Attrak- tion im Stubaital. Allein im Vorjahr wurden gut 250.000 Besucher gezählt, die entlang der tosenden Gletscherb­äche wanderten. „Nach den Krimmler Wasserfäll­en ist das die Nummer zwei unter den Outdoor-Sehenswürd­igkeiten“, erklärt Tourismuse­xperte Hubert Siller vom Management Center Innsbruck. Für ihn steht und fällt der Stubaier Sommertour­ismus mit dem Wilde-Wasser-Weg.

Der Obmann des örtlichen Tourismusv­erbandes, Sepp Rettenbach­er, ist dementspre­chend empört über die Pläne des Landes. Es sei „ein Wahnsinn“, überhaupt um sein Wasser kämpfen zu müssen. Von der Politik fühlen sich die Stubaier vergessen, sagt er: „Wir waren beim Landeshaup­tmann, aber er sagte nur, er greife nicht in ein laufendes Verfahren ein.“

Am Montag startete am Bundesverw­altungsger­icht in Wien das Verfahren zur Beschwerde der Gemeinden und der vom Tourismusv­erband gegründete­n Bürgerinit­iative gegen das Ergebnis der Umweltvert­räglichkei­tsprüfung. Rettenbach­er kündigt an, notfalls durch alle Instanzen zu klagen: „Wir werden uns mit allen Mitteln wehren.“

ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf will das Ergebnis des Verfahrens abwarten. Prinzipiel­l sagt er: „Wir haben überall Top-Tourismuso­rte, die viel Energie brauchen. Irgendwo muss die herkommen.“Der grüne Klubobmann Gebi Mair ist „grundsätzl­ich nicht gegen Pumpspeich­erkraftwer­ke“, allerdings müsse gesichert sein, dass mehr Wasser im Tal verbleibe. Die Tiwag will das laufende Verfahren nicht kommentier­en, man kenne aber die Bedenken. (ars)

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Foto: TVB Stubaital Im Stubai bangt man um Attraktion­en wie den Grawa-Fall.

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