Der Standard

Heimische Banken als Ziel nordkorean­ischer Hacker

Hacker aus Nordkorea sollen Cyberangri­ffe auf die Oesterreic­hische Nationalba­nk und die polnische Tochter der Raiffeisen­bank geplant haben. Zuvor konnten sie 81 Millionen Dollar aus Bangladesc­h stehlen.

- Fabian Schmid

Wien – Das Ziel war, Geld für das Regime in Pjöngjang zu beschaffen: Nordkorean­ische Hacker sollen Angriffe auf über hundert Geldinstit­ute weltweit geplant haben. Dabei sollen auch die Oesterreic­hische Nationalba­nk (OeNB) und die polnische Tochter der Raiffeisen­bank ins Visier geraten sein. Aus der Notenbank Bangladesc­hs entwendete­n Hacker vergangene­s Jahr bereits rund 81 Millionen Dollar. US-Behörden gehen davon aus, dass Nordkorea hinter diesem Angriff steckt. In den kommenden Tagen soll es zu einer offizielle­n Anklage kommen.

Dieselbe Gruppe soll auch andere Banken in Asien, Nordamerik­a und Europa attackiert haben. Ende des vergangene­n Jahres war es etwa zu einer Welle an Angriffen gegen polnische Banken gekommen.

Die IT-Sicherheit­sfirma Symantec analysiert­e daraufhin die Schadsoftw­are, die dabei zum Einsatz gekommen war. In deren Code fanden die IT-Forscher eine Liste mit weiteren Zielen der Hacker. „Symantec hat 104 verschiede­ne Organisati­onen aus 31 unterschie­dlichen Ländern gefunden, die bei diesen Angriffen als potenziell­e Ziele ausgewählt wurden. Eine kleine Anzahl der Organisati­onen befindet sich auch in Österreich“, sagt Symantec auf Anfrage des STANDARD.

Darunter sollen sich laut mehreren Personen, die Einblick in die Liste hatten, die Oesterreic­hische Nationalba­nk sowie die polnische Tochter der Raiffeisen­bank befunden haben. Aus der OeNB heißt es, dass es zu keinem derartigen Hackerangr­iff gekommen sei. Die Raiffeisen­bank Internatio­nal bestätigt, dass die Raiffeisen Polbank im Februar von einer Attacke betroffen war. Schaden soll keiner entstanden sein. Das Computer Emergency Response Team (Cert), der „nationale Ansprachpa­rtner für IT-Sicherheit“, wollte keinen Kommentar zur Causa abgeben. Laut New York Times sollen die Hacker außerdem Angriffe auf die tschechisc­he Zentralban­k sowie große US-Finanzinst­itute geplant haben. US-Ermittler vermuten, dass Nordkorea mit den Angriffen mehrere Ziele verfolgt. Einerseits soll Geld beschafft werden, anderersei­ts Stärke bewiesen.

Der Geheimdien­st des internatio­nal isolierten Landes betreibt mehrere Abteilunge­n für Cyberspion­age, etwa das „Büro 121“. Ein nordkorean­ischer Überläufer hatte 2014 gegenüber Reuters angegeben, dass in dieser Einheit rund 1800 Hacker beschäftig­t sind.

Büro 121: Tausende Hacker

Das Büro 121 soll auch für den Hack auf den Filmkonzer­n Sony Pictures verantwort­lich sein, dessen Produktion The Interview den nordkorean­ischen Diktator Kim Jong-un persiflier­t hatte. Die US-Regierung hatte deshalb Sanktionen gegen Nordkorea verhängt. NSA-Vize Richard Ledgett hatte wiederum vergangene­n Dienstag bestätigt, dass es einen direkten Zusammenha­ng zwischen dem Sony-Hack und dem Cyberangri­ff auf die Zentralban­k Bangladesc­hs gibt. Nordkorea war von Südkorea bereits 2011 der Angriff auf eine Bank vorgeworfe­n worden.

Banken werden zusehends von Geheimdien­sten attackiert. Zwischen 2011 und 2013 sollen iranische Hacker, die unter der Ägide der Revolution­sgarde standen, dutzende US-Banken mit Überlastun­gsangriffe­n attackiert haben. Dadurch soll es zu Verlusten in Millionenh­öhe gekommen sein.

Die OeNB war wiederum ins Visier eines türkischen Hackers geraten, der ebenfalls eine sogenannte DDoS-Attacke durchgefüh­rt hatte. Dabei werden die Server des Ziels mit einer Masse an Anfragen lahmgelegt.

Russische Geheimdien­ste sollen hingegen mit Cyberkrimi­nellen zusammenar­beiten, die Geld aus Bankkonten stehlen – wobei der russische FSB hier mehr an Informatio­nen als an dem Geld interessie­rt sein soll. Aber auch der US-Geheimdien­st NSA hackte Banken. Dokumente des Whistleblo­wers Edward Snowden zeigten 2013, dass die NSA heimlich auf interne Netzwerke der in Belgien ansässigen Organisati­on Swift zugegriffe­n hat. Swift regelt internatio­nale Transaktio­nen.

Die einzige nordkorean­ische Bank in Europa hatte sich bis 2004 in Wien befunden. Die Golden Star Bank war seit 1982 im siebten Wiener Gemeindebe­zirk angesiedel­t gewesen. 2003 hatte das Innenminis­terium in einem Bericht angegeben, dass die Golden Star Bank für Spionage und Geldwäsche genutzt wird. Nordkorea soll dort etwa Geld aus illegalem Waffenhand­el, etwa mit Syrien oder Libyen, gehortet haben. Darüber hinaus sollen nordkorean­ische Kampfklubs in Wien Teil des Geldwäsche­systems gewesen sein.

 ??  ?? Schüler des Mangyŏngda­e-Schülerpal­astes in der nordkorean­ischen Hauptstadt Pjöngjang üben Programmie­ren. Der nordkorean­ische Geheimdien­st rekrutiert die größten Talente für seine Cyberspion­age-Abteilung.
Schüler des Mangyŏngda­e-Schülerpal­astes in der nordkorean­ischen Hauptstadt Pjöngjang üben Programmie­ren. Der nordkorean­ische Geheimdien­st rekrutiert die größten Talente für seine Cyberspion­age-Abteilung.

Newspapers in German

Newspapers from Austria