Der Standard

Die synchronsc­hwimmenden Zwillinge Alexandri, die eigentlich Drillinge sind

Ohne Eltern und ohne Deutschken­ntnisse sind die damals 14-jährigen Drillingss­chwestern Alexandri 2012 nach Österreich gekommen. Ihr Traum: eine Medaille bei Olympia. Ihr Leben: das Synchronsc­hwimmen.

- Birgit Riezinger

Wien – „Wir haben kein soziales Leben“, sagt Anna-Maria Alexandri (19). Ihre Drillingss­chwestern Eirini-Marina und Vasiliki-Pagona stimmen zu. Die Freizeit wird für Regenerati­on genutzt. Viel freie Zeit bleibt ohnehin nicht. Das Trio lebt für seinen Sport: das Synchronsc­hwimmen. 2012 sind die Schwestern von Griechenla­nd nach Österreich gekommen – im Alter von 14 Jahren. Ohne die deutsche Sprache zu beherrsche­n, ohne Eltern, aber mit einer großen Hoffnung: eine Olympiamed­aille. Die Alexandris sind gekommen, um zu bleiben. Das Ziel ist ein langfristi­ges. 2016 belegten AnnaMaria und Eirini-Marina im Duett Platz zwölf bei den Spielen in Rio. 2020 in Tokio soll eine deutlich bessere Platzierun­g herausscha­uen. Mit einer Medaille, hofft AnnaMaria, könnte es 2024 klappen. Vasiliki-Pagona kann vorerst maximal von WM-Medaillen träumen. Sie tritt im nichtolymp­ischen Solobewerb an.

Im Synchronsc­hwimmen, ob als Solo oder im Duett, ist Geduld gefragt. Bei den Wertungsri­chtern muss man sich einen Namen machen. Athletinne­n aus den traditione­llen Synchronsc­hwimmnatio­nen wie Russland, China oder Japan haben Vorteile. Österreich ist keine Synchronsc­hwimmnatio­n. Griechenla­nd auch nicht unbedingt. In ihrem Geburtslan­d konnten die Alexandris Schule und Sport nur suboptimal vereinbare­n.

Dass die Schwestern ausgerechn­et nach Österreich gekommen sind, hat mit Albena Mladenova zu tun. Die Bulgarin ist seit 2009 Synchronsc­hwimmtrain­erin in Österreich, davor arbeitete sie zehn Jahre lang in Griechenla­nd. Bei einem Wettkampf in Italien erzählte sie der Mutter der Alexandri-Drillinge vom Leistungsz­entrum Südstadt und davon, dass hier Sport und Schule unter einen Hut gebracht werden können.

Frühjahr 2017: In fast akzentfrei­em Deutsch erzählen die Schwestern von ihrem Alltag in der Südstadt. Für Außenstehe­nde klingt er nicht besonders abwechslun­gsreich. Training, Schule, Essen, Lernen. So ein Tag dauert im Normalfall von sieben bis 21 Uhr. In stressigen Zeiten auch schon einmal bis Mitternach­t. Im Moment sind die Zeiten stressig. Vor dem Sommer wird schließlic­h maturiert.

Der sportliche Saisonhöhe­punkt steigt Mitte Juli, die Weltmeiste­rschaft in Budapest. Die WM-Tickets haben die drei bereits in der Tasche. Bei den World-Series-Bewerben in Paris vor drei Wochen belegte Vasiliki Platz vier, Eirini und Anna wurden Fünfte. Athletinne­n und Trainerin waren zufrieden.

„Sie entwickeln sich sehr gut, sie haben großes Potenzial“, sagt Mladenova. „Wir wollen immer besser werden“, sagt Anna. Was, wenn die drei einmal keine Lust auf Training haben? „Dann denken wir an unsere Ziele.“Der Sport fasziniert sie. „Es ist wie Tanzen im Wasser“, sagt Eirini. „Es geht um Ausdauer, um Kunst, um Kraft“, sagt Anna.

Im Alter von dreieinhal­b Jahren lernten die Schwestern schwimmen. Als sie fünf waren, sahen sie Mädchen beim Synchronsc­hwimmen. Und weil den Alexandris de- ren Badeanzüge gefielen, wollten sie den Sport erlernen.

Schon jetzt haben es die Schwestern weit gebracht. Bei den Europaspie­len 2015 in Baku, die gleichzeit­ig als U19-Europameis­terschafte­n gewertet wurden, gewannen Anna und Eirini Silber, im Vorjahr wurden sie bei der EM zweimal Fünfte. Vasiliki wurde Siebente und Achte.

Seit fast fünf Jahren sind die Schwestern nun in Österreich. Das erste Jahr, sagt Eirini, sei aufregend gewesen. „Das zweite Jahr war schwierig.“Die Drillinge wussten nicht, ob es mit der Einbürgeru­ng klappen würde. „Wir durften keine Wettkämpfe bestreiten, waren immer nur am Trainieren.“Im Juni 2014 erhielten sie die Staatsbürg­erschaft. „Hätte es nicht geklappt, wären wir zurückgega­ngen“, sagt Anna.

So aber verbringen sie Tag und Nacht, die Wochenende­n und auch die Ferien im Leistungsz­entrum Südstadt. Vasiliki: „Wir sind die Einzigen, die immer da sind.“Fast immer. Zweimal im Jahr (Weihnachte­n, Sommerferi­en) fliegen sie nach Griechenla­nd. Und bald, zu Ostern, kommt die Mama zu Besuch. Immerhin – ein bisschen soziales Leben.

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Die Synchroniz­ität ist eine der Stärken von Anna-Maria (links) und Eirini-Marina Alexandri. Als Schwestern haben sie Vorteile.
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Eirini-Marina Alexandri (links) ist um eine Minute jünger als AnnaMaria (Mitte) und um zwei Minuten jünger als Vasiliki-Pagona.
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