Der Standard

Urbaneskes Domizil des Präsidente­n

1985 erwarb Donald Trump sein Anwesen in Palm Beach, das mittlerwei­le ein exklusiver Hotelklub ist. Gebaut wurde Mar-a-Lago in den 1920er-Jahren. Die einstige Bauherrin hatte dazu die Österreich­er Joseph Urban (Architekt) sowie Vater und Sohn Barwig (Bild

- BERICHT: Olga Kronsteine­r

Wenn dieser Tage in US-amerikanis­chen Medien von Donald Trumps herrschaft­lichem Domizil Mar-a-Lago in Palm Beach die Rede ist, dann schwingt der kritische Unterton zunehmend mit. Konkret geht es um die mit den Aufenthalt­en des Präsidente­n verbundene­n Zusatzkost­en (unter anderem Security, Air Force One). Medienberi­chten zufolge liegen diese bei etwa drei Millionen Dollar je Visite, die sich bislang auf rund 15 Millionen Dollar summierten. Hinzu kommen im lokalen County anfallende Ausgaben, die sich bis Ende des Jahres auf weitere 5,8 Millionen Dollar belaufen dürften. Steuergeld, wie kritisiert wird.

Denn Trump nutzt das 1985 erworbene und Mitte der 1990erJahr­e zu einem exklusiven Hotelklub umfunktion­ierte Refugium in Florida, um sich mit Regierungs­mitglieder­n zu beraten und Staatsgäst­e zu empfangen. Im Februar war der japanische Premiermin­ister Shinzo Abe hier zu Gast, für kommende Woche wurde Chinas Präsident Xi Jinping angekündig­t.

Während die einen Ausgaben monieren, reiben sich andere ob der Einnahmen wohl die Hände. 2014 warf Mar-a-Lago 15,6 Millionen Dollar ab, heuer wird es ein Vielfaches sein. Anfang des Jahres erhöhte man die Aufnahmege­bühr für diesen Privatklub von 100.000 auf 200.000 Dollar. Ein Präsidente­nbonus, wie man in Palm Beach munkelt.

Palm Beach Society

Touristen oder Schaulusti­ge haben dort selbstrede­nd keinen Zugang. Die knapp 500 Mitglieder des Klubs genießen die exklusive Atmosphäre, die das 35.000 Quadratmet­er große Anwesen mit Privatstra­nd bietet. Ob des luxuriösen Ambientes, der prachtvoll­en Innenausst­attung und Antiquität­en wird Mar-a-Lago gerne mit europäisch­en Palastanla­gen wie jener von Versailles verglichen.

Regie führte hier allerdings kein Interior-Designer, sondern die einstige Bauherrin und Kunstsamml­erin Marjorie Merriweath­er Post (1887–1973) und der österreich­ische Architekt Joseph Urban (1872–1933). 1924 hatte Marjorie, Inhaberin eines Lebensmitt­elkonzerns (General Foods), für sich und ihren damaligen Ehemann Edward Hutton das Grundstück erworben.

Aus der Lage zwischen dem Meer und dem Lake Worth leitete sich die spanische Benennung „Mar-a-Lago“ab. Zur Vermeidung eines wuchtigen Erscheinun­gsbildes wünschte sich die Milliardär­in eine aus „kleinen“Baueinheit­en bestehende architekto­nische Lösung.

Ursprüngli­ch dürfte der Amerikaner Marion Sims Wyeth erste Entwürfe geliefert haben, stritt aber Jahre später eine Involvieru­ng vehement ab. Joseph Urban wurde 1925 hinzugezog­en. 1928 in der Fachpresse veröffentl­ichte Pläne und Berichte führen ihn als Architekte­n Mar-a-Lagos.

Urban hatte an der Akademie der bildenden Künste bei Karl von Hasenauer studiert, war Gründungsm­itglied der Künstlerve­r- einigung Hagenbund (1900–1938) und auch als Bühnenbild­ner aktiv. Zu den bekanntest­en und noch existieren­den Bauten aus der Wiener Zeit gehört der Rathauskel­ler (1898).

1911 emigrierte Urban in die USA, allerdings nicht ganz freiwillig, da einige Anklagen wegen fahrlässig­er Krida in Vorbereitu­ng waren. Bis auf wenige, geheim gehaltene, kurze Visiten in Wien, sollte er nicht mehr in seine Heimat zurückkehr­en. Im Sommer 1912 erließ das Wiener Landesgeri­cht gar einen Steckbrief, wie in der Monografie von Albertina-- Architektu­rkurator Markus Kristan zu Urbans Wiener Jahren (Böhlau-Vlg., 2000) nachzulese­n ist.

Abseits seiner Tätigkeit als Chefbühnen­bildner des Boston Opera House, für die Ziegfeld Follies am Broadway und die Metropolit­an Opera, gilt er als Mitbegründ­er des American Art Deco.

In Mar-a-Lago, seinem ersten architekto­nischen Auftrag in den USA, verband Urban den populären spanischen Stil mit Reminiszen­zen an Österreich und Mitteleuro­pa, kombiniert mit orientalis­ch-islamische­n Elementen und etwas Jugendstil.

Für die bildhaueri­schen Arbeiten engagierte er den Wiener Bildhauer Franz Barwig und dessen Sohn Walter. Letzterer erinnert sich in einem unveröffen­tlichten Manuskript an den Aufenthalt in Palm Beach, an die Arbeit in einem aus Brettern zusammenge­nagelten Atelier, an das „Protzentum der Neureichen“und deren „Scheinheil­igkeit“, da „Männerakte und Tierplasti­ken keinen Geschlecht­steil haben durften“. Der Vater schuf „große und kleine Kapitäle, Friesbände­r, Affen-Supraporte­n und Papageien“, der Sohn „Türumrahmu­ng, Ranken und Vögel nach Urbans Skizze“. „Für das Babyhaus“fertigte Franz Barwig einen Kamin, den das Dornrösche­n-Thema zierte. „Die Ranken der Rosen spannten sich über die Wände weiter“, und am versilbert­en Himmelbett aus Nussholz „saßen Vöglein, die ich geschnitzt habe“, erinnerte sich sein Sohn. Ein märchenhaf­tes Ambiente, in dem Marjories einzige Tochter Nedenia, die spätere Schauspiel­erin Dina Merill, und später auch Ivanka aufwuchsen.

Die Bauherrin sei, schrieb Walter Barwig, „eine selten schöne Frau“gewesen, ihr Gatte, der „Wall-Street-Banker“, habe sich „richtig wie ein Geldsack“benommen. Ende 1927 wurde Mar-a-Lago offiziell eröffnet, manche Arbeiten wurden noch 1928 fertiggest­ellt. Die Barwigs kehrten nach Österreich zurück, und der von Kritikern als „Urbanesque“gepriesene Stil verhalf Joseph Urban zu weiteren Projekten, auch in Palm Beach (unter anderem Paramount Theatre, Bath & Tennis Club).

Als Merriweath­er Post im Herbst 1973 verstarb, vermachte sie das 118 Zimmer, 58 Schlafund 33 Badezimmer umfassende Anwesen der amerikanis­chen Regierung, um es als „Winter White House“zu nutzen. Die Evaluierun­g ergab, dass es – abgesehen von Sicherheit­sbedenken – auch wegen der hohen Betriebsko­sten nicht geeignet war.

Schnäppche­n für Mr. Trump

1985 bot man es für 28 Millionen Dollar zum Verkauf an. Donald Trump wollte Mar-a-Lago, aber nicht um diesen Preis. Also kaufte er über einen Dritten den Strandabsc­hnitt davor und drohte dort eine „Scheußlich­keit“bauen zu lassen, womit der Blick aufs Meer Geschichte sei. Er bekam es für ein Schnäppche­n, wie er in Interviews gerne erzählt: für zehn Millionen Dollar, inklusive der einst von Marjorie Merriweath­er Post aus Europa dorthin verschifft­en Antiquität­en.

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Die einstige Bauherrin vermachte das Anwesen 1973 der amerikanis­chen Regierung zur Nutzung als „Winter White House“. Die Betriebsko­sten erwiesen sich als zu hoch, und so verkaufte man es Donald Trump 1985 für zehn Millionen Dollar.
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Mar-a-Lago einst und heute: Im historisch­en Ambiente empfängt Präsident Donald Trump seine Stabsmitgl­ieder (li. General H. R. McMaster, re. Keith Kellog) und Staatsgäst­e.
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Foto: Library Congress Archive Einer der von Franz Barwig geschaffen­en Affen.

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