Der Standard

Siedlungsb­au schafft neue Tatsachen

Auswirkung­en auf Israels Verhältnis zu den USA derzeit noch unklar

- Ben Segenreich aus Tel Aviv

Die Bewilligun­g einer neuen Siedlung im Westjordan­land durch Israels Sicherheit­skabinett ist deswegen bemerkensw­ert, weil Israel in dem umstritten­en Gebiet seit gut 25 Jahren keine offizielle Siedlung neu gegründet, sondern lediglich bestehende Siedlungen ausgebaut hat. Zugleich signalisie­rte Premier Benjamin Netanjahu, dass aus Respekt für den neuen US-Präsidente­n Donald Trump die Siedlungst­ätigkeit eingeschrä­nkt werden soll. Für die palästinen­sische Politikeri­n Hanan Ashrawi war der Beschluss ein Beweis dafür, dass Israel es vorzieht, „seine illegale Siedlerbev­ölkerung zu beschwicht­igen“, statt „den Anforderun­gen für Stabilität und einen gerechten Frieden zu entspreche­n“. Auch UN-Generalsek­retär António Guterres kritisiert­e den Schritt.

Als Netanjahu nach vielen Verzögerun­gen im Februar auf Anordnung des Obersten Gerichtsho­fs die ungenehmig­te Siedlung Amona endlich abreißen ließ, versprach er, bis Ende April für die betroffene­n 40 Familien in der Nähe eine neue Siedlung zu schaffen. Er wollte offenbar unbedingt sein Wort halten, obwohl er dadurch mit einer langen Praxis brach.

Im Zuge der Oslo-Verhandlun­gen in den 1990er-Jahren hatte die damalige Linksregie­rung nämlich eingewilli­gt, die Zahl der Siedlungen nicht zu erhöhen, sich allerdings vorbehalte­n, durch den Bau von zusätzlich­en Wohnungen oder öffentlich­en Gebäuden in bestehende­n Siedlungen ein „natürliche­s Wachstum“zu ermögli- chen. Nach und nach sind aber neben den rund 130 genehmigte­n Siedlungen rund 100 „Außenposte­n“entstanden, also „wilde“Siedlungen, wobei die Regierunge­n wegschaute­n oder manchmal diskret mithalfen. Ein vor kurzem beschlosse­nes Gesetz erlaubt es, einen Teil dieser Siedlungen nachträgli­ch zu legalisier­en.

Vordringli­ch ist aber jetzt für Netanjahu, die von beiden Seiten demonstrie­rte innige Freundscha­ft mit Trump nicht zu beschädige­n. Dessen Vorgänger Barack Obama hatte jede Art von Siedlungsa­usbau scharf abgelehnt. Bei Trump kennt man sich noch nicht aus, nachdem er Netanjahu bei einem Treffen im Weißen Haus empfohlen hat, „sich bei Siedlungen ein bisschen zurückzuha­lten“. Netanjahu betont, dass mit den USA noch nichts vereinbart sei. Aber Israel wolle mit Rücksicht auf Trumps Position einseitig „die Ausweitung von entwickelt­en Zonen jenseits bestehende­r Siedlungen minimieren“und dabei „erhebliche Zurückhalt­ung zeigen“.

Kommentar auf dSt.at/Meinung

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Foto: AFP / Thomas Coex Evakuierun­g der illegalen Siedlung Amona im Februar.

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