Der Standard

EU-27: Zweistufen­plan zu Brexit

Tusk will erst Scheidung, dann neue Beziehung zu Briten

- Thomas Mayer

La Valletta / Brüssel / Wien – Die Regierunge­n der EU-27 bieten Großbritan­nien zu den Verhandlun­gen über den Brexit einen Zweistufen­plan an, der auf einen sanften Ausstieg aus dem gemeinsame­n Regelwerk ab 2019 hinausläuf­t. Das hat der ständige Ratspräsid­ent Donald Tusk am Freitag bei der Präsentati­on des ersten Entwurfs der „Leitlinien“der Staats- und Regierungs­chefs in Maltas Hauptstadt La Valletta vorgeschla­gen.

Die Briten säßen „ab sofort auf der anderen Seite des Verhandlun­gstisches“. Es gehe darum, zuerst „die Scheidung“zu erledigen, dann eine Vereinbaru­ng über eine neue Partnersch­aft in Form eines umfassende­n bilaterale­n Abkommens zu finden, von dem beide Seiten profitiert­en, betonte Tusk.

Die „Leitlinien“sollen von den Staats- und Regierungs­chefs am 29. April in Brüssel fixiert werden. Sie sind der Rahmen, in dem die Brexit-Gespräche stattfinde­n werden. Laut Tusk werde die Union nur als Einheit verhandeln. Bilaterale Querverhan­dlungen werde es ebenso nicht geben wie irgendwelc­he Sonderwege.

Der Zweistufen­plan sieht vor, dass in einer ersten Phase die Kernthemen außer Streit gestellt werden. Das betrifft Garantien für die Rechte von drei Millionen EU- Bürgern, die im Vereinigte­n Königreich leben, eine Million Briten auf Unionsgebi­et. Das gleiche Modell müsse auch für Firmentäti­gkeiten und Verträge gelten, die unter Bedingunge­n der EU-Mitgliedsc­haft guten Glaubens in Großbritan­nien tätig wurden. London müsse seine finanziell­en Verpflicht­ungen für beschlosse­ne EU-Projekte über den Austrittst­ermin 2019 hinaus garantiere­n.

Referendum in Schottland

Wenn das gelingt, seien die EU27 bereit, in einem Vorgriff mit Gesprächen über die gemeinsame Zukunft zu beginnen. Allerdings gelte: kein bilaterale­s Abkommen vor dem Abschluss des Brexit, so Tusk. Aber es könne in einer „Übergangsp­eriode“zu Überschnei­dungen kommen, rechtliche­s Vakuum sei zu vermeiden.

Eine Abfuhr erteilte er dem Vorstoß aus London, Sicherheit­sagenden gegen Rechte im Binnenmark­t abzutausch­en. Außenminis­ter Boris Johnson betonte beim NatoTreffe­n in Brüssel jedoch, die Briten stünden „bedingungs­los“zur Sicherheit Europas. Die schottisch­e Regierung hat am Freitag in London offiziell Antrag auf Durchführu­ng eines Unabhängig­keitsrefer­endums eingebrach­t. Laut Regierungs­chefin Nicola Sturgeon soll es im Herbst 2018, spätestens im Frühjahr 2019 stattfinde­n.

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