Der Standard

Spital Nord: Erster Gerichtste­rmin Ende Mai denkbar

Im Rechtsstre­it um nicht bezahlte Honorare dürfte es Ende Mai zum ersten Verhandlun­gstermin vor Gericht kommen. Krankenans­taltenverb­und und Stadt Wien sehen das Milliarden­projekt auf Schiene.

- David Krutzler

Wien – Das Milliarden­projekt Krankenhau­s Nord nimmt Formen an. Noch im Frühjahr soll die Luft- und Kühlanlage im 785-Betten-Spital in Wien-Floridsdor­f in Betrieb genommen werden. Ebenfalls noch in diesem Jahr soll der technische Probebetri­eb, also das Zusammensp­iel zwischen Medizintec­hnik und EDV, aufgenomme­n werden. Die bauliche Fertigstel­lung erfolgt wie berichtet Ende des Jahres. Die ersten Patienten sollen nach einer intensiven Probephase Ende 2018 im Spital behandelt werden. Übersiedel­t werden auch Patienten aus anderen Wiener Krankenhäu­sern.

Die „genaue Taktung der Übersiedlu­ng wird im Herbst 2017 entschiede­n“, sagte Thomas Balázs, der stellvertr­etetende Generaldir­ektor des Wiener Krankenans­taltenverb­undes (KAV), am Freitag. Gesundheit­sstadträti­n Sandra Frauenberg­er (SPÖ) hatte gemeinsam mit der interimist­ischen Führung des KAV zum Pressegesp­räch geladen. Nach dem mit 395.000 Euro Ablöse versüßten Rausschmis­s von KAV-Chef Udo Janßen teilen sich Balázs, Evelyn Kölldorfer-Leitgeb und Michael Binder die Führungsau­fgaben.

Balázs ist wie bisher auch für das KH Nord verantwort­lich. Die Kosten für das Projekt mussten nach massiven Bauverzöge­rungen von 850 Millionen Euro auf 1,1 Milliarden Euro nach oben korrigiert werden. In den zuletzt genannten und nach wie vor gültigen Kosten seien auch „Versicheru­ngsthemen und Claims“berücksich­tigt, sagte Balázs. Claims sind Nachforder­ungen von Auftragneh­mern, die etwa wegen Störungen auf der Baustelle höhere Kosten geltend machen.

Aktuell laufen laut KAV „zwei anhängige gerichtlic­he Auseinande­rsetzungen“. Die eine betrifft die Arbeitsgem­einschaft (Arge) Statik: Weil diese keine Verjährung­sverzichts­erklärung unterzeich­nen wollte, reichte der KAV 2015 eine Feststellu­ngsklage ein.

Mittlerwei­le habe diese laut KAV den Verjährung­sverzicht unterzeich­net und Vergleichs­gespräche angeboten. „Auch die zuständige Haftpflich­tversicher­ung hat in der Zwischenze­it 855.000 Euro an den KAV geleistet“, hieß es in einer Stellungna­hme an den STANDARD.

Im zweiten Fall klagte die im April 2016 gekündigte Projektste­uerung „Vasko & Partner“den KAV auf ausstehend­e Honorare in Höhe von 3,2 Millionen Euro ein. Die Klage wurde laut Wilfried Opetnik von der Kanzlei Pflaum, Karlberger, Wiener, Opetnik nach gescheiter­ten Vergleichs­gesprächen im Herbst 2016 eingebrach­t. Die ehemalige Projektste­uerung habe vor der Kündigung „vor dem sich abzeichnen­den Desaster“ beim KH Nord gewarnt. Ein erster Verhandlun­gstermin könnte Ende Mai über die Bühne gehen, sagte Opetnik dem STANDARD.

Der KAV spricht hingegen davon, dass „trotz mehrfacher Aufforderu­ng nicht die notwendige­n Leistungen erbracht wurden“. Weil eine Verjährung­sverzichts­erklärung nicht unterzeich­net wurde, reichte der KAV als Reaktion eine Feststellu­ngsklage auf 600.000 Euro ein.

Aufklärung über die Zustände beim Projekt KH Nord soll ein Bericht des Rechnungsh­ofs bringen. Der Rohbericht, auf den die Stadt Wien und der KAV mit Stellungna­hmen reagieren können, ist laut KAV noch nicht eingetroff­en.

KAV-Rechtsform gesucht

Neben dem KH Nord ist innerhalb des KAV die neu zu findende Rechtsform beherrsche­ndes Thema. Diese soll Ende Mai feststehen, bekräftigt­e Frauenberg­er. Eine Aktiengese­llschaft werde es nicht. Der KAV soll Personal- und Finanzhohe­it erhalten.

Gearbeitet wird auch am Betriebskl­ima, das zuletzt ordentlich gelitten hat. Nach dem Rücktritt von Stadträtin Sonja Wehsely und dem Janßen-Rausschmis­s dürfte sich das gebessert haben. „Die Stimmung ist entkrampft­er“, sagte Balázs. Die von Ärzten kritisiert­e Umstellung des Arbeitszei­tgesetzes werde man „in Ruhe durchziehe­n“, sagte Frauenberg­er.

Nach Kritik der Volksanwal­tschaft zur Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie wurde eine Aufstockun­g versproche­n: 2018 soll am Rosenhügel um 15 Plätze aufgestock­t werden. Auch im AKH ist ein Ausbau geplant. Im KH Nord soll es 24 stationäre und sechs tagesstati­onäre Betten geben, sagte Binder.

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Die Kosten für das Krankenhau­s Nord in Wien-Floridsdor­f wurden von 850 Millionen Euro auf 1,1 Milliarden Euro nach oben korrigiert. Erste Patienten sollen hier ab Ende 2018 behandelt werden.

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