Freie Fahrt für Pkw-Maut
Bundesrat stimmt zu – Österreich kündigt Klage an
Wien – Die Pkw-Maut in Deutschland hat die letzte Hürde genommen: Der deutsche Bundesrat schickt das CSU-Prestigeprojekt trotz Kritik nicht in den Vermittlungsausschuss. Österreich kündigte unmittelbar danach eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) an.
Sofort klagen kann Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) nicht. Erst muss das Gesetz veröffentlicht und rechtswirksam werden, und die EU-Kommission muss ihr nach dem Regierungsbeschluss in Berlin eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren einstellen. Leichtfried geht davon aus, dass die Kommission das Verfahren beendet, denn sie hat der Mautregelung nach Verhandlungen mit Berlin ja zugestimmt.
Umstritten ist das Modell, bei dem deutsche Autofahrer über Ermäßigungen bei der Kfz-Steuer für die Belastung durch die Maut entlastet werden, auch in einigen deutschen Bundesländern. Doch eine mögliche Anrufung des Vermittlungsausschusses fand in der Länderkammer keine Mehrheit. Nun ist der Weg für die Einführung einer Infrastrukturabgabe für Pkws auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen frei. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) kann nun die Ausschreibung des Mautbetreibers angehen, 2019 soll die Verkehrsabgabe eingehoben werden.
Zentraler Streitpunkt war eine mögliche Benachteiligung von Fahrern aus dem Ausland, weil über die Kfz-Steuer-Vergütung nur Inländer entlastet werden. Besonders „saubere“Pkws (Abgasnorm Euro-6) können sogar mehr Kfz-Steuer vergütet bekommen, als die Maut ausmacht. Dafür werden 100 Millionen Euro bereitgestellt. Besänftigt wurde die EUKommission, indem die Preise der Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland stärker differenziert werden. Am angestrebten Ertrag von jährlich einer halben Milliarde Euro und der Vereinbarkeit mit EU-Recht gibt es weiter Zweifel, die Grünen wittern ein Verlustgeschäft, die Einhebung käme teurer als die Einnahmen.
„Italiener zahlen, Franzosen zahlen, Österreicherinnen und Österreicher zahlen – nur die Deutschen nicht“, sagte Leichtfried, dem von Dobrindt „Maut-Maulerei“vorgeworfen worden war. „Das Verhalten der EU-Kommission ist ein Skandal.“Das System sei indirekt diskriminierend, die Staatsbürgerschaft entscheide, ob Kosten ersetzt werden, sagte Leichtfried unter Verweis auf Expertise des Europarechtsprofessors Walter Obwexer. Die EU-Kommission verlautete, man werde die Regelung prüfen. Es sei das Recht jedes Landes, gegen Entscheidungen eines anderen vor den EuGH zu gehen. (ung, dpa, APA)