Der Standard

„Einwurfmon­ster“auf Abschiedst­ournee

Christian Schwegler verlässt im Sommer Red Bull Salzburg – nach acht Jahren mit Höhen und Tiefen. „Vereinstre­ue hat eher Seltenheit­swert heutzutage.“Am Sonntag spielt der Schweizer noch einmal in Altach.

- Florian Vetter

Salzburg/Wien – Für Romantik ist im Fußball bekanntlic­h kein Platz. „Stolz“verspürt Christian Schwegler aber schon, wenn er über seine Beziehung zu Red Bull Salzburg nachdenkt. Acht Jahre hat sie gedauert, am Saisonende ist Schluss. Der 32-Jährige wechselt im Sommer zurück in seine Schweizer Heimat zum FC Luzern. Schwegler repräsenti­ert einen Typ Fußballer, der schon eine Weile vom Aussterben bedroht ist. „Diese Vereinstre­ue hat eher Seltenheit­swert heutzutage. Ich bereue es nicht, so lange geblieben zu sein.“

Seit 2009 ist Schwegler Salzburger, Trainer sah er seitdem kommen und gehen. Huub Stevens, Ricardo Moniz, Roger Schmidt, Peter Zeidler, aktueller Amtsinhabe­r ist Óscar García. Einen Stammplatz im Team musste er sich regelmäßig neu erkämpfen. „Ich hatte immer wieder Nationalte­amspieler als Konkurrent­en auf meiner Position, die ich aber immer verdrängen konnte. Diesen Herausford­erungen hab ich mich gestellt.“

Nichts gegen Schmidt

Schwegler hat mit Salzburg fünf Meistertit­el geholt. Der sechste ist in Reichweite. Nur zwei Spieler sind länger Bullen: Christoph Leitgeb und Andreas Ulmer. Seine persönlich­en Höhepunkte: der erste Titel in der Bundesliga, die Demontage von Ajax Amsterdam in der Europa League und die Zeit unter Trainer Schmidt, „weil wir eine unglaublic­he Mannschaft hatten, wenn man sich anschaut, bei welchen Vereinen ehemalige Mitspieler heute gelandet sind“. Schwegler nimmt Schmidt gegen Kritik nach dessen Entlassung bei Leverkusen in Schutz. Bei Salzburg habe das Gesamtpake­t ge- stimmt, vor allem im persönlich­en Umgang. „Nach außen wirkt er so hart, intern war er ein ganz anderer Mensch.“

Der Kabinenein­gang bei Red Bull Salzburg hat zwar keine Drehtür, in Schweglers Zeit veränderte sich der Kader aber rasant. Allein seit Sommer 2013 verzeichne­te Salzburg mehr als 60 Abgänge. „Echte Freundscha­ften kann man nach einer Fußballkar­riere an einer Hand abzählen. Wichtig für den Erfolg ist, dass die Mannschaft homogen ist.“

Die Spielstruk­tur gibt der Konzern vor. Schwegler sah trotz der vielen Personalve­ränderunge­n immer eine Philosophi­e, „wir mussten nie bei null anfangen“. Ob das Salzburger Spiel einen Wiedererke­nnungswert hat? „Die Titel und Erfolge sind unser Wiedererke­nnungswert.“Das System sei über die Jahre angepasst worden, Schwegler fand immer wie- der seinen Platz als rechter Verteidige­r. Ob beim rücksichts­losen Pressing unter Schmidt oder beim kontrollie­rten Angriffsfu­ßball unter Óscar García. „Man kann keinen Spielstil über zehn Jahre durchziehe­n, muss sich immer wieder neu erfinden. Das hat auch Óscar García gemacht. Ich weiß nicht, ob wir mit dem Schmidt-Fußball auch heute so erfolgreic­h wären.“

Die Spezialitä­t

Dem geneigten Beobachter bleiben Schweglers weite Einwürfe im Gedächtnis, er wurde liebevoll „Einwurfmon­ster“genannt. Ein Kosename, der aber keinen Einfluss darauf hatte, ob „ich aufgestell­t wurde oder nicht“.

Seit geraumer Zeit hat Salzburg mit Leipzig einen großen Bruder. Muss man akzeptiere­n, dass der einfach stärker ist? „Das sind zwei getrennte Vereine. Die Priorität liegt für Red Bull eher auf Deutschlan­d, dort gibt es größere Möglichkei­ten. Das muss man hinnehmen, wie es ist.“

Hingenomme­n hat Schwegler auch das sechsmalig­e Scheitern in der Qualifikat­ion zur Champions League. „Wir haben das immer wieder schnell abgehakt.“Antworten auf kritische Fragen wurden in der Meistersch­aft gegeben. Etwa nach dem Aus gegen Fenerbahce Istanbul im ChampionsL­eague-Playoff 2013. In der darauffolg­enden Bundesliga-Saison stand man bereits im März als Meister fest, unerreicht in Österreich. „Das spricht für die Mentalität der Mannschaft.“

In dieser Saison ist es etwas knapper, Salzburg gastiert am Sonntag mit sieben Punkten Vorsprung beim Tabellenzw­eiten Altach. Schwegler: „Ich möchte mich mit Meistertit­el und Cupsieg verabschie­den.“

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Christian Schwegler hat sich auch unter Coach Óscar García nicht nur durch Einwürfe aufgedräng­t.

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