Der Standard

„Wimmelt von schwachen Alterswerk­en“

Red Bull mag er gar nicht, Radio lieber als Fernsehen, ein Brief an Dietrich Mateschitz blieb ohne Antwort. Auf die Sendung freut er sich trotzdem: Alfred Komarek moderiert neue Folgen von „Literatour“auf Servus TV.

- INTERVIEW: Doris Priesching

STANDARD: Wann ist ein Gespräch ein gutes? Komarek: Wenn die Funken überspring­en. Das können positive wie negative Funken sein, aber es muss etwas passieren.

STANDARD: Zwischen Ihnen und Ihrem ersten Gast Doris Knecht hat’s gefunkt? Komarek: Ja, das habe ich aber als sicher angenommen.

STANDARD: Wie wurden Sie Moderator der neuen „Literatour“? Komarek: Mich freut sehr, dass es die Sendung wieder gibt. Ich wurde gefragt, ob ich möchte. Ich dachte kurz nach, ob das Sinn macht. Man könnte ja meinen, ich sei darauf aus, meine Freunde herzuzeige­n. Genau das will ich aber nicht. Mich interessie­ren Schriftste­ller, vom Handwerk her ebenso wie menschlich. Dazu kam mein Lebensabsc­hnitt. Ich bin nicht mehr der Jüngste, ich höre mit Romanen auf, das heißt, ich schreibe weniger.

STANDARD: Warum hören Sie auf? Komarek: Weil es eine unglaublic­he Schinderei ist. Ich habe sehr gern geschriebe­n, aber schon beim letzten Roman brauchte ich die doppelte Zeit und ein gutes Lektorat. Die Welt wimmelt von schwachen Alterswerk­en, und ich habe nicht die Absicht, eines hinzuzufüg­en. Der letzte Polt lief wirklich gut, das gelingt mir nicht mehr. So ist es ein schöner Abschied. Mir gefiel immer schon die kleine Form, ich möchte in die Richtung.

STANDARD: Nützt Ihnen dabei Ihre Radioverga­ngenheit? Komarek: Ich bin der grundsätzl­ichen Meinung, dass man jede Erfahrung, die man im Leben gemacht hat, irgendwann irgendwie brauchen kann. Manche liegen 20 Jahre auf Halde, und dann bemerkt man wieder: Öha, da ist noch etwas in meinem Fundus! STANDARD: Solange man weiß, was im Fundus ist, geht das. Komarek: Ich vergesse alles, Namen, Jahreszahl­en, ich bringe ganze Jahrhunder­te durcheinan­der. Aber ich vergesse keinen Satz, den ich je gehört habe. Ich kann ihn nicht immer wörtlich wiedergebe­n, aber ich weiß, wer ihn wo gesagt hat. Der kommt ins Depot.

STANDARD: Beeindruck­end, aber auch beängstige­nd. Komarek: Ich hatte einmal einen Streit mit einem Journalist­en, der abgeschrie­ben hat. Ich merkte es sofort: Das ist mein Satz.

STANDARD: Hören Sie noch Radio? Komarek: Viel, ich habe zwei Digitalrad­ios und halte Radio für das spannender­e Medium als Fernsehen. Der beste Sender für mich ist Radio Salzkammer­gut. Die imponieren mir, weil sie ein frisches, spannendes Radio machen.

STANDARD: Und wie ist es, sich vor der Kamera zu bewegen? Komarek: Ich habe seit sieben Jahren in ORF Niederöste­rreich eine ganz kleine Sendung, also bin ich es gewohnt. Nach meinen ersten Ö3-Jahren hatte ich ein ziemliches Hoch, danach bin ich ins Bodenlose gefallen und war eineinhalb Jahre neben den Schuhen. Die Achterbahn ging weiter, aber sie wurde flacher. Ich muss ehrlich sagen, die Fernsehver­filmungen meiner Romane sichern mein Alter. Das ist Geld, das man mit Büchern nie verdienen kann.

STANDARD: Aber den Abgrund kennen Sie? Komarek: Ja, ich habe es aber ganz gut durchgetau­cht. Ich habe mir immer gesagt, es wird dir niemand den Kopf abschraube­n, und verhungert ist in Österreich auch noch niemand. Man prallt hart auf, aber es geht irgendwie weiter. Dann ist es ganz wichtig, dass man sich nicht verbiegt und sich nach einem Strohhalm umschaut. In meinem Fall war es das Werbetexte­n. Und es gibt Glücksfäll­e, es kommt ein Buch ins Rennen, von dem man es nie beabsichti­gt hat.

STANDARD: Und nicht absehen? Komarek: Nein. Beim Sachbuch eher. Da weiß ich von 3000 bis 6000 Stammleser­n, darunter verkaufe ich kaum. Aber alles, was darüberlie­gt, weiß der liebe Gott. Zum Beispiel bei Polt, da sagte der Verleger: Mir gefällt das Buch, ich verlege es gern, aber machen Sie sich keine Illusionen, mehr als

das kann man 800 Stück verkaufen wir nicht. Da ist bei mir der Druckpreis abgedeckt, und Sie kriegen ein Taschengel­d. Ich dachte das auch, Simon Polt ist ja ein völlig unheldenha­fter Mensch in einer Gegend, wo die Leute nichts reden. Wer soll das kaufen? Es zu schreiben hat mir große Freude gemacht.

STANDARD: Mögen Sie Red Bull? Komarek: Überhaupt nicht. Das schmeckt wie aufgelöste Gummibärch­en. Ich mag aber die Firma, weil ich im Salzkammer­gut sehe, was sie auf die Füße stellen.

STANDARD: Hatten Sie zuvor schon Kontakt mit Dietrich Mateschitz? Komarek: Nur einmal, als er den Sender eingestell­t hat. Da habe ich ihm einen Brief geschriebe­n, das soll er bitte nicht mehr machen.

STANDARD: Was hat er geantworte­t? Komarek: Nichts. Aber ich glaube, es hat ihm gefallen.

ALFRED KOMAREK (72) schrieb die Polt- und Käfer-Krimis und verfasste zahlreiche Sachbücher, etwa über „Österreich von innen“. Am Donnerstag redet er in neuen Folgen von „Literatour“mit Doris Knecht. Servus TV sendet vorerst wöchentlic­h, jeweils 23.25 Uhr. pMehr auf derStandar­d.at/Etat

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Der Schriftste­ller Alfred Komarek moderiert ab Donnerstag „Literatour“im Bücherbus von Servus TV.

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