Der Standard

Satte Rückzahlun­g, späte Gerechtigk­eit

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Eigentlich war die Wohnung ein finsteres Loch. Dass meine Mitbewohne­rin und ich es doch fünf Jahre dort ausgehalte­n hatten, war wohl der guten Lage und der schmalen Studentenb­örsen geschuldet. Und dennoch: Wer sich über so lange Zeit über eine immer wieder kaputte Therme, Müllberge vor dem Hoffenster, ein kaputtes Haustor und Wasserschä­den, die wochenlang nicht repariert wurden, geärgert hat, will am Ende zumindest Gerechtigk­eit.

Ein Tool dafür bietet die Stadt Wien. Bei der Schlichtun­gsstelle für wohnrechtl­iche Angelegenh­eiten kann, wer glaubt, zu viel Miete bezahlt zu haben, den höchsten, zulässigen Hauptmietz­ins für die eigene Altbauwohn­ung überprüfen lassen. Was sich einfach anhört, ist in Wahrheit komplizier­t. Deshalb bieten Organisati­onen wie die Mietervere­inigung an, den gesamten Prozess zu übernehmen (siehe dazu auch Artikel links).

Wer aber auch diese 165 Euro sparen will, kann sich selbst ins Verfahren hineinstür­zen. Zuallerers­t braucht es dazu einen Antrag auf Überprüfun­g des höchsten zulässigen Mietzinses und zusätzlich allerhand Dokumente – Mietvertra­g und -verlängeru­ngsbestäti­gungen, Fortschrei­bungen, Grundbucha­uszug, Einzahlung­sbelege.

Wer einen Antrag stellt, ist ein Antragstel­ler und hat einen Antragsgeg­ner. In unserem Fall waren das alle Personen und Unternehme­n, die im Laufe der fünf Jahre Anteile an besagtem Mietshaus hatten – insgesamt 14 an der Zahl.

Nach vielen Terminen bei der Mietervere­inigung, die auch hilft, wenn man es auf eigene Faust versucht, war der Antrag endlich bei der Schlichtun­gsstelle eingereich­t. Man riet uns der Einfachhei­t halber dazu, nur vom anteilsmäß­ig größten Eigentümer Geld zurückzuve­rlangen. Ein Rundgang mit einem Gutachter in der ehemaligen Wohnung folgte, dann ein Schlichtun­gsgespräch. Wie viel an Miete tatsächlic­h zu viel bezahlt wurde, konnte bis dahin nur vermutet werden. Von der Gegenseite, genauer gesagt von der Sekretärin der Hausverwal­tung, die mit einem Angebot vorgeschic­kt wurde, hörten wir die Zahl 4000 Euro. Der Schlichter sprach von mehr als dem Doppelten. Wir einigten uns nicht.

Die Schlichtun­gsstelle musste also genau nachrechne­n, schrieb ein Urteil – und weil niemand Einspruch erhoben hat, wurde es rechtskräf­tig. Am Ende kam der lang ersehnte Brief der Exhausverw­altung – sein Inhalt, kurz zusammenge­fasst: „Wir überweisen Ihnen die 10.000 Euro in sechs Raten.“(bere)

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