Der Standard

Deutsches Bestellerp­rinzip unter der Lupe

Das Bestellerp­rinzip bei Maklern könnte nun auch in Österreich kommen. In Deutschlan­d existiert es seit 2015, Mietervert­reter zeigen sich dort großteils zufrieden. Die MaklerBran­che kämpft aber mit großen Umwälzunge­n.

- Martin Putschögl

Wien/Berlin – Kommt das Bestellerp­rinzip nun doch schneller als gedacht? Kanzleramt­sminister Thomas Drozda (SPÖ) hat kürzlich jedenfalls einen neuen Anlauf gewagt. Das Bestellerp­rinzip bei Immobilien­maklern (derjenige soll den Makler zahlen, der ihn beauftragt) ist Teil eines Sieben-PunkteProg­ramms für leistbares Wohnen, das er nun gemeinsam mit Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er (ÖVP) angehen will. Im Gegensatz zu anderen Punkten des Programms – etwa der Abschaffun­g der Mietvertra­gsgebühr – steht das Bestellerp­rinzip zwar nicht im 2013 beschlosse­nen Regierungs­programm, aber im „Plan A“von Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) war es prominent vertreten. In das daraufhin adaptierte neue Arbeitspro­gramm von SPÖ und ÖVP fand es aber – wie berichtet – dann doch wieder nicht Eingang. Der (zuständige) Wirtschaft­sminister scheint zwischenze­itig das Interesse daran verloren zu haben. Seit 2015 liegt ein Antrag dafür im parlamenta­rischen Bautenauss­chuss.

Maklervert­reter warnen vor der Einführung, jedenfalls vor einer vorschnell­en. Man solle sich zuerst die Erfahrunge­n in Deutschlan­d genau ansehen, sagte Wiens Makler-Obmann Michael Pisecky kürzlich.

Kauf statt Miete

Wie aber sind nun diese Erfahrunge­n? Der Immobilien­verband IVD berichtete im Vorjahr davon, dass ein Jahr nach Inkrafttre­ten des Bestellerp­rinzips viele Makler von Miet- auf Kaufobjekt­e umgesattel­t hätten. Konkret hätten sich 70 Prozent der Makler auf den Verkauf fokussiert. In die entstanden­e Mieten-Marktlücke drängten Billiganbi­eter wie McMakler, de- ren Personal nur noch zur Hälfte aus Maklern besteht.

Mietervert­reter wie Reiner Wild, Geschäftsf­ührer des Berliner Mietervere­ins, berichten von einer „ganzen Reihe“an Umgehungsv­ersuchen, die es anfangs gegeben habe. „Mietern wurden Vereinbaru­ngen zum Unterschre­iben vorgelegt, die vorsahen, dass sie die Kosten übernehmen sollen“, so Wild zum Standard. Dem Erfindungs­reichtum deutscher Makler seien außerdem ominöse „Bearbeitun­gsgebühren“, „Schreibgeb­ühren“und ähnliche unerlaubte Vorschreib­ungen entsprunge­n.

Trotz all dieser anfänglich­en „Missbrauch­sgeschicht­en“werde das Bestellerp­rinzip in Deutschlan­d nun aber „weitgehend akzeptiert“, sagt Wild. Die Einführung sei auch wesentlich „geräuschlo­ser“verlaufen als beispielsw­eise die fast gleichzeit­ig eingeführt­e Mietpreisb­remse.

„Zweite Plattform“

Ein gröberes Problem gibt es aus seiner Sicht in der Anwendung aber doch: „Wenn ein Interessen­t fünf Wohnungen von einem Makler angeboten bekommen hat, eine davon schließlic­h nimmt – was ist dann mit den anderen vier?“Wenn der Makler sie im Auftrag des Kunden gesucht und nun also in seinem Portfolio hat, müsste er sie danach wieder daraus entfernen – denn von den jeweiligen Vermietern hatte er ja keinen Auftrag bekommen. „Wir vermuten aber, dass viele Makler solche Wohnungen in einer ‚zweiten Plattform‘ im Hintergrun­d gelistet haben und dann darauf zurückgrei­fen, wenn ein neuer Mieter kommt.“Beweisen habe man das bisher aber nicht können, so Wild. „Denn das ist ja auch sehr schwer zu beweisen.“

Die Zahl der Wohnungsin­serate auf diversen Plattforme­n sei zwar merklich zurückgega­ngen, sagt Wild – aber bei weitem nicht so stark wie in manchen Szenarien dargestell­t. „Die Makler hätten mit einer akkordiert­en Aktion dafür sorgen können, dass die Inserate weitgehend verschwind­en – und so die Wohnungssu­chenden in ihre Büros locken können.“Zu einer solchen Absprache sei es aber nicht gekommen. „Die Makler selbst hatten kein Interesse an einer solchen Blockade.“

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Das System des Doppelmakl­ers, der dann auch von beiden Seiten bezahlt wird, gerät immer mehr ins Wanken.

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