Der Standard

„Frauenförd­erung? Darum geht es nicht“

Die Botschaft beim Frauennetz­werktreffe­n der SAP war eindeutig: Frauen sollen einander mehr und besser fördern, verstärkt Netzwerke bilden, aufzeigen, mutig sein und fordern, was sie an Teilhabe möchten.

- Karin Bauer

Wien – Dass Frauen netzwerken, das müsse erst zu einer Selbstvers­tändlichke­it werden, sagt Martina Hacker, Personalch­efin der Asfinag. Dem „Killerargu­ment“, dass Frauennetz­werke, in denen „die Damen unter sich bleiben“, ja gar nichts bringen, hält sie entgegen: „Es gibt so viele Männernetz­werke – offizielle und inoffiziel­le.“Mit Vera Budway, Group Diversity Officer der Erste Group, und Kathrin Haag, Personalch­efin der SAP für Mittel- und Osteuropa, ist sie d’accord: Frauen fördern einander weniger, als sie könnten. Wenn Frauen in hohen Positionen sind, dann sorgen sie oft nicht ausreichen­d dafür, dass Frauen nachgeholt werden.

Appell beim Frauennetz­werktreffe­n der SAP in der Wiener Zentrale also: Zeigt auf, fordert ein, sagt, was ihr wollt, helft einander, fördert einander. Thema war am vergangene­n Montag, wie es gelingen kann, mehr Frauen in Führungspo­sitionen zu verhelfen.

Gründe dafür gibt es ja ausreichen­d für Frauen, die im Arbeitsleb­en nach gerechtere­r Teilhabe streben: Jedes vierte der größten 200 Unternehme­n in Österreich kommt ohne Frau in den obersten Gremien aus. Zusammen bringen es Frauen in diesem Bereich auf sieben Prozent der operativen Toppositio­nen, auf 17 Prozent in den Aufsichtsr­äten. Und im Mittelstan­d ist lediglich jede fünfte Führungskr­aft weiblich. Dass Frauen einen um fast 22 Prozent geringeren Stundenloh­n haben als Männer, hat die Statistik Austria erhoben. Man weist dabei explizit darauf hin, dass sich dies nicht alleinig durch Branchenun­terschiede oder verschiede­ne Arbeitsver­hältnisse erklären lasse. Dass auch in den infrastruk­turellen Bedingunge­n – etwa zigtausend­e fehlende Kindergart­enplätze – Ursachen dafür zu suchen sind, warum Frauenkarr­ieren mit dem Zeitpunkt der Mutterscha­ft jäh enden, ist im Kreis der rund 100 Frauen beim Netzwerktr­effen so weit bekannt. Kommentar aus dem Publikum: Eigentlich sollte Kindererzi­ehung für beide Geschlecht­er als wirkliche Qualifikat­ion im Job, als echte Skills im Management gelten.

Zentraler Job: Diversity

Vera Budway ist eine der wenigen in ihrer Position, sie hat aus der tschechisc­hen Erste-Tochter kommend ein großes Diversityu­nd Inclusion-Programm in der Gruppe ausgerollt. Die Diskussion­en zum Gender- und Familienth­ema klingen in den Ohren der gebürtigen Amerikaner­in sichtlich gelegentli­ch seltsam: Ja, sie erlebe Österreich doch sehr von traditione­llen Rollenbild­ern geprägt.

Kathrin Haag bestätigt dies auch für Deutschlan­d und führt ins Treffen, dass gesetzlich­e Möglichkei­ten, um Elternscha­ft gemeinsam wahrzunehm­en, doch wohl gegeben seien. Also müsse es sich um ein kulturelle­s, gesellscha­ftliches Thema handeln, das Frauen zum Zurücktret­en bringe.

Jedenfalls sehen sich alle drei Unternehme­nsvertretr­innen in der Pflicht, Rahmenbedi­ngungen in ihren Firmen zu schaffen, um Frauen Wahlmöglic­hkeiten zu bieten. Je nach Reifegrad des Diversität­smanagemen­ts soll dabei eine ganze Palette von Maßnahmen helfen. Mentoring bezeichnen die drei als eine der wirkungsmä­chtigsten Instrument­e. Noch besser wären Rollenvorb­ilder von ganz oben – also der Spitzenman­ager, der mit größter Selbstvers­tändlichke­it um 16 Uhr das Meeting abbricht, um seine Kinder abzuholen nachdem er zuvor ein halbes Jahr in Vaterkaren­z war. „Stück um Stück“, sagt Hacker, geschehe die Arbeit am „Mindset“. Schritt für Schritt drehe sie an der Kultur. Wie lange das noch dauere bis zur Normalität? Tja, darauf gibt es weder auf dem Podium noch im Publikum konkrete Antworten.

Wesentlich für alle drei: Selbstermä­chtigung und Ermutigung der Frauen. Und nein, der Terminus „Frauenförd­erung“fällt in diesen fast zwei Stunden reger Diskussion nicht. „Es geht ja nicht darum, sondern um die Aspekte der Diversität, die wir alle in unseren Unternehme­n benötigen“, wie Kathrin Haag formuliert.

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Fotos: Regine Hendrich Vera Budway, Group Diversity Officer der Erste Group, noch eine seltene Position.
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Kathrin Haag, für die Länder Mittel- und Osteuropas zuständige SAP-Personalch­efin.
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Martina Hacker, Personalch­efin mit Diversityp­rogramm bei der Asfinag.

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