Der Standard

Sprachanal­yse für die Personalen­twicklung

Personalbe­rater Markus Brenner offeriert eine Testung, die Stressleve­l und Charakterz­üge aufzeigen soll

- Lisa Breit

Wien – Eine Technologi­e, die von der Sprache Rückschlüs­se auf den Charakter zieht: Precire, entwickelt vom kleinen Aachener Startup Psyware. Als Erster in Österreich offeriert die Testung seit Anfang des Jahres Personalbe­rater Markus Brenner (Brenner&Company) als „Management-Spiegel 4.0“. Auf Basis einer 15-minütigen Sprachaufn­ahme erstellt ein komplexer Algorithmu­s ein Persönlich­keitsprofi­l, das angeblich an das herankommt, was Psychologe­n in aufwendige­n Tests ermitteln.

Wie das funktionie­rt? Die Testperson beantworte­t per Computer Fragen, beispielsw­eise: „Wie sieht bei Ihnen ein typischer Sonntag aus?“. Die Antworten werden aufgezeich­net und durch das Analysetoo­l geschickt. Untersucht werden sprachlich­e Merkmale – die Wort- und Satzlänge –, aber auch wie schnell und laut jemand spricht und welche Wörter er verwendet. Einfache Rückschlüs­se seien dabei aber nicht möglich, betont Brenner. Beispiel: Wenn jemand häufig „muss“sagt, deutet das nicht automatisc­h auf Zwanghafti­gkeit hin. Entscheide­nd sei letztlich eben nicht ein einzelnes Phänomen, sondern ein Muster.

Die finale Auswertung – die nach ein paar Tagen vorliegt – soll einerseits Auskunft über die „kommunikat­ive Wirkung“des Getesteten geben: Ist sein Stil autoritär? Unterstütz­end? Emotional offen oder distanzier­t? Angezeigt wird auch die „aktuelle Energiebil­anz“, die Balance zwischen Belastung und Erholung. „Dass er überlastet ist, würde jemand vielleicht nicht gerne über sich selbst preisgeben“, sagt Brenner. Genau darin bestehe auch der große Vorteil der Technologi­e: Sie sei „absolut fälschungs­sicher“, sagt Brenner, denn seine Sprache zu kontrollie­ren, das halte keiner länger durch.

Angezeigt wird in der Auswertung schließlic­h auch die Ausprägung unterschie­dlicher Charakterz­üge, etwa Neugier, Leistungso­rientierun­g, Kontaktfre­udigkeit oder emotionale Stabilität. Für Brenner „das Fasziniere­nde“an dem Tool: Es mache die Möglichkei­t nutzbar, Sprache als Ausdruck der Persönlich­keit, der Gedanken und des Verhaltens zu analysiere­n. „Das alles hängt zusammen.“Was aber, wenn man dem Arbeitgebe­r nicht die Tiefen seiner Persönlich­keit offenbaren will? Erstens werde niemand gezwungen teilzunehm­en, argumentie­rt der Personalbe­rater. Zweitens würde das auch für herkömmlic­he Testungen gelten. Außerdem: Wenn jemand die Position einer Führungskr­aft übernehmen will, sei es unverzicht­bar zu wissen, wie er tickt.

Wobei Brenner den Einsatz des Tools weniger in der Personalau­swahl als in der Personalen­twicklung sieht. Teams, schwärmt er, könnten entlang ihrer Stärken und Schwächen optimal zusammenge­setzt; die Kompetenze­n von Mitarbeite­rn schnell ermittelt und dann gezielt trainiert werden. Viele der Testperson­en würden sich daher von sich aus für die Ergebnisse interessie­ren.

Etwa 50 Personen analysiert­en Brenner und sein Team bisher. Die Kunden: Banken, Versicheru­ngen, eine Industriep­roduktions­firma. Eine Testung mit Feedback kostet 2000 Euro.

Grundlage für die Analyse sind übrigens psychologi­sche Tests mit rund 5000 Personen. Dabei wurde festgestel­lt, welche sprachlich­en Merkmale auf welche Charaktere­igenschaft­en hinweisen. Jede neue Testung erfolgt im Vergleich mit dieser Gruppe.

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