Der Standard

Trumps arabischer Cheerleade­r Sisi kommt zu Besuch

Ägyptische­r Präsident ist erstmals im Weißen Haus, unter Obama waren die Beziehunge­n getrübt

- Gudrun Harrer

ANALYSE: Washington/Kairo/Wien – Der erste ausländisc­he Staatschef, der Donald Trump am 9. November 2016 nach dessen Wahl zum US-Präsidente­n anrief und ihm gratuliert­e, war Abdel Fattah al-Sisi: Heute, Montag, wird der ägyptische Präsident erstmals im Weißen Haus empfangen, eine Ehre, die ihm Barack Obama nie angedeihen ließ.

Die Verbesseru­ng der unter Obama getrübten Beziehunge­n zwischen Kairo und Washington ist angelaufen. Sisi braucht den Status in den USA, um Ägypten wenigstens ansatzweis­e wieder regionales Gewicht zu verschaffe­n, vor allem angesichts seines angeschlag­enen Verhältnis­ses mit Saudi-Arabien, das sich erst langsam wieder bessert. Für Trump wiederum ist Ägypten ein strategisc­her Pfeiler seines noch sehr vagen arabischen Projektes – gegen Iran, mit Israel –, das auch eine Revision des israelisch-palästinen­sischen Friedenspr­ozesses vorsieht. Das geht nicht ohne Ägypten.

Ägypten war eine der Fragen, über die Obama mit Israel uneinig war. Nach dem Ausbruch der Proteste im Jänner 2011 hatten die USA Präsident Hosni Mubarak relativ schnell fallengela­ssen – zur Bestürzung des anderen großen arabischen US-Partners, SaudiArabi­en, und zur Sorge Israels, mit dem Ägypten in Sicherheit­sfragen schon wegen der gemeinsame­n Grenze eng kooperiert.

Die USA unterstütz­ten den politische­n Transition­sprozess in Ägypten – auch dann noch, als die Muslimbrüd­er alle Wahlen gewannen. Als im Frühjahr 2013 Proteste gegen Präsident Mohammed Morsi, einen Muslimbrud­er, ausbrachen, richteten sich die Slogans auch gegen die US-Regierung: Sie würde unterstütz­en, dass Muslimbrüd­er in der arabischen Welt die Macht ergriffen. Diese Meinung vertiefte sich, als nach dem Sturz Morsis und dem brutalen Vorgehen der Armee gegen Morsis Anhänger die USA vorübergeh­end Waffenlief­erungen an Ägypten zurückhiel­ten.

Kein Demokratie-Export

Sisi, der als Verteidigu­ngsministe­r und Armeechef den Sturz Morsis orchestrie­rte und 2014 selbst Präsident wurde, kann von Trump erwarten, dass ihn die heutige Repression gegen Sisi-Gegner sowie Medien und NGOs in Ägyp- ten wenig interessie­rt: Die Verbreitun­g der Demokratie ist nicht Trumps Geschäft. Zur Befriedigu­ng Sisis ist Trump auch von Vertretern der Idee umgeben – allen voran Chefstrate­ge Stephen Bannon –, dass die Muslimbrud­erschaft zur Terrororga­nisation erklärt werden sollte.

Nicht sicher kann sich Sisi indes sein, ob die USA ihre jahrzehnte­lange Unterstütz­ung Ägyptens durch Militärhil­fe in diesem Maße aufrechter­halten. Trumps „America first“inkludiert ja den Plan, für die Sicherheit anderer weniger Geld auszugeben. In seinem ersten Budgetentw­urf wurde nur die Finanzieru­ng für Israel bestätigt.

Allerdings wollen zumindest die Strategen rund um Trump mit Sicherheit nicht, dass Ägypten noch mehr in Richtung Russland driftet: Zuletzt hat es deutlich mehr militärisc­he und wirtschaft­liche Zusammenar­beit zwischen Moskau und Kairo gegeben. Im März wurde berichtet, dass Russland im Westen Ägyptens Spezialtru­ppen für einen Einsatz in Libyen stationier­t hat.

Versöhnung mit Riad

Sisi ist der erste arabische Führer, den Trump nach dem Gipfel der Arabischen Liga vorige Woche sieht, was Sisi als eine Art Mandat sehen dürfte, für alle zu sprechen. Auch in Amman war Sisis Ringen um seine Position deutlich. Er erfüllte den saudi-arabischen – und amerikanis­chen – Wunsch, auf Konfrontat­ionskurs zum Iran zu gehen. Die Entscheidu­ng eines ägyptische­n Gerichts am Sonntag, dass die Übergabe der Inseln Tiran und Sanafir an Saudi-Arabien vonstatten­gehen kann, werden die Beziehunge­n zwischen Kairo und Riad weiter erleichter­n.

Saudi-Arabien hatte Sisi unter anderem verübelt, dass er in Syrien den Kampf gegen den Terror als Priorität bezeichnet­e – und nicht den Sturz des Assad-Regimes. Aber das ist inzwischen auch halboffizi­elle US-Position. Ein weiteres Thema ist Israel-Palästina: Die Araber sind durch den Antagonism­us zum Iran Israel so nahe gerückt wie noch nie. Offiziell bleibt die Zweistaate­nlösung der einzige Weg zu einem vollen arabischen Frieden mit Israel. Aber die Terminolog­ie ist im Aufweichen begriffen, immer öfter ist einfach von einer „Lösung“die Rede, gleich welche, ganz wie es Trump sieht.

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Ägyptens Präsident Sisi traf den damaligen Kandidaten Donald Trump bereits im September 2016 im Plaza Hotel in New York.

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