Frankreichs Chinesen in Aufruhr
Krawalle nach tödlichen Polizeischüssen – Thema im Präsidentschaftswahlkampf
Tagelange Ausschreitungen und Brandstiftungen waren die Folge tödlicher Polizeischüsse auf den Familienvater Shaoyao Liu Anfang voriger Woche im 19. Bezirk in Paris gewesen. Die chinesische Gemeinschaft Frankreichs, mit rund 700.000 Vertretern die wichtigste Europas und nicht als polizeifeindlich bekannt, spricht von einem Fehler der Polizei.
Seit den Terroranschlägen 2015 gilt in Frankreich das Ausnahmerecht, immer wieder kam es zu Behördenübergriffen. Der Todesfall verstärkt auch das Gefühl eines verdeckten antichinesischen Ras- sismus im Land. In Peking berichten Medien ausführlich über die Lage der Landsleute in Paris. In Schanghai wurde am Mittwoch ein Franzose von einem Chinesen mit einem Messer verletzt. Die Pariser Behörden, besorgt um die Tourismuszahlen, ließen verlauten, die Sicherheit der chinesischen Bürger sei für sie prioritär.
Der Fall des Shaoyao Liu erhielt am Wochenende auch eine politische Note, als bekannt wurde, dass der parteilose Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron die chinesische Diaspora empfangen hatte. Da chinesische Journalisten Teil der Delegation waren, wurde das Treffen publik. Die Pressevertreter identifizierten zudem einen Teilnehmer als Jacques Sun, der laut französischem Geheimdienst ein Agent Pekings sein soll.
Die Zeitung Le Parisien berichtete, die Krawalle seien von Drahtziehern aus dem Umfeld der chinesischen Mafia oder Geheimdienste angestiftet worden. Macrons Entourage ließ verlauten, man sei über Suns Identität auf dem Laufenden gewesen. In der Öffentlichkeit bleibt dennoch der Eindruck zurück, dass der Kandidat in dieser Causa unvorsichtig gehandelt habe. Das Außenministerium in Peking verlangt „raschestmögliche Aufklärung“.