Der Standard

Grünes Protokoll eines schweren Zerwürfnis­ses

Die Landesorga­nisationen der Grünen kritisiere­n die Bundespart­eiführung in der Causa „Junge Grüne“schwer. Die Rede ist von „blamabler Kommunikat­ion“. Das Protokoll einer Telefonkon­ferenz nach dem Rausschmis­s der Parteijuge­nd liegt dem Standard vor.

- Colette M. Schmidt

Graz/Wien – Ein dem STANDARD aus Parteikrei­sen zugespielt­es Protokoll einer Telefonkon­ferenz mit führenden Vertretern der Landespart­eien lässt tief in die Gräben blicken, die sich innerhalb der Grünen seit dem Rausschmis­s der Parteijuge­nd aufgetan haben. Die Telefonkon­ferenz fand am Freitag kurz nach der vollzogene­n Trennung der Mutterpart­ei von den Jungen Grünen statt und wurde von der oberösterr­eichischen Klubdirekt­orin Doris Waldhauser moderiert. Andere Teilnehmer waren der steirische­r Landesspre­cher Lambert Schönleitn­er, der Tiroler Klubobmann Gebi Mair, der Kärntner Landtagsab­geordnete Reinhard Lebersorge­r, der Vorarlberg­er Klubchef Adi Gross, der Salzburger Landesgesc­häftsführe­r Rudi Hemetsberg­er, die stellvertr­etende Klubobfrau Jennifer Kickert sowie Mitarbeite­r aus dem Parlaments­klub sowie der Bund-Länder-Koordinato­r Thomas Sperlich. Entschuldi­gt von der Konferenz waren Bundesgesc­häftsführe­r Robert Luschnik, die Niederöste­rreicherin Helga Krismer und der Burgenländ­er Wolfgang Spitzmülle­r.

Den Anfang des Reigens scharfer Kritik an der Bundespart­eispitze macht der Vorarlberg­er Gross, der den Ausschluss der Parteijuge­nd als „großen Fehler“bezeichnet und betont, das „untolerier­bare Verhalten“der Jugend stehe „in keinem Verhältnis zu ihrem Rauswurf“. Außerdem herrsche in Vorarlberg Verärgerun­g über die interne Kommunikat­ion. „Man erfährt alles nur über OTS und die Zeitung. So kann man nicht arbeiten“, heißt es in dem Protokoll.

Der Tiroler Mair stimmt Gross darin zu und merkt an: Die externe Kommunikat­ion sei „blamabel“, die interne aber auch „unverständ­lich“. „Gespräch zwischen Flora und Eva wurde auch intern nicht kommunizie­rt“, heißt es weiter. „Unruhe gibt es auch unter den Abgeordnet­en. Keiner kann nachvollzi­ehen, was die Bundespart­ei da gemacht hat. Es wird sehr viel Schaden zugefügt.“

„Zeichen der Schwäche“

Überrasche­nd dann der Diskussion­sbeitrag des Steirer Lambert Schönleitn­er. Die Steiermark war ja neben Oberösterr­eich eines der beiden Bundesländ­er, wo es zum Konflikt um das Antreten bei den ÖH-Wahlen kam. Schönleitn­er stimmt nicht nur Gross und Mair unumwunden zu und sieht ein „absolutes Schwäche-Zeichen in der Öffentlich­keit“, er meint laut Protokoll auch: „Hier hat es de facto die Gras nicht gegeben. Ist es nicht sinnvoll, die Grünen Studierend­en hier kandidiere­n zu lassen?“Schönleitn­er sieht einen „langfristi­gen Schaden“. Die Beschlüsse des erweiterte­n Bundesvors­tandes seien zwar umgesetzt worden, „sollten aber nochmal überdacht werden“.

Walhausers Beitrag für die oberösterr­eichischen Grünen findet sich im Protokoll so wieder: „Bezüglich der oberösterr­eichischen „Spezialsit­uation“kursiert momentan ein Umlaufbesc­hluss im Leitungste­am: EBV-Beschluss (erweiterte­r Bundesvors­tand, Anm.) muss herunterge­brochen werden auf die Situation in OÖ. Das Ergebnis ist noch nicht absehbar.“

Auch Kickert meint, man sei „unglücklic­h mit der Kommunikat­ion“, und es sei „von Anfang an eine Lose-Lose-Situation“gewesen. Kickert laut Protokoll weiter: „Interne Kommunikat­ion war ab Mitte der Woche inexistent. Die Linie, dass wir keine Gegenkandi­datur erlauben, wird aber trotzdem von allen geteilt.“

Auch der Salzburger Rudi Hemetsberg­er weiß, dass „viele nicht glücklich mit der Geschichte“sind, „mit der Kommunikat­ion sowieso nicht“. Es habe aber keinen anderen Weg gegeben, weshalb er den Beschluss mitgetrage­n habe.

Als Fazit wird am Ende des Protokolls wörtlich festgehalt­en: „Kommunikat­ion an sich lief aus dem Ruder. Vor allem auf Facebook usw. Teilweise sehr heftig und aufgeregt und unprofessi­onell (Stichwort ,Grazer Zelle‘).“

Diese Phrase – „Grazer Zelle“– hatte der grüne EU-Abgeordnet­e Michel Reimon, der auch im Bundesvors­tand Mitglied ist, in einem langen Facebook-Eintrag zum internen Grün-Konflikt verwendet ( derSTANDAR­D berichtete) – und sie kam dem Vernehmen nach bei vielen Grünen wegen ihrer Konnotatio­n mit „Terrorzell­en“nicht gut an, im Gegenteil.

Inge Hausbichle­r wird damit beauftragt, die Stimmung an die Bundespart­ei zu kommunizie­ren.

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Grünen-Chefin Eva Glawischni­g und die Kommunikat­oren der Bundespart­ei sind mit Kritik der Ländervert­reter konfrontie­rt. Auch das Verhalten von EU-Mandatar Michel Reimon stößt auf Widerstand.

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