Zwist um Italiens Lockangebot
Eine Pauschalsteuer soll das Vermögen Wohlhabender nach Italien locken. Die Maßnahme stößt jedoch im Inland, in Brüssel und den Nachbarstaaten auf heftige Kritik.
Italien mausert sich zum Steuerparadies – zumindest für die hohen Einkommensschichten. Denn Finanzminister Pier Carlo Padoan hat seit Jahresbeginn eine Pauschalbesteuerung von 100.000 Euro eingeführt. Diese gilt für reiche Ausländer, die ihren Wohnsitz nach Italien transferieren – oder aber für reiche Italiener, die infolge der Steuern ihr Geld ins Ausland transferierten. Allein im vergangenen Jahr soll die Steuerflucht in Italien mehr als 100 Mrd. Euro betragen haben. Dies geht aus einer Parlamentsanhörung hervor. Dies entspricht etwa sieben Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Der Finanzminister will natürlich nicht nur mehr Steuerehrlichkeit, sondern auch, dass das ins Ausland transferierte Kapital wieder nach Italien zurückkehrt. Doch das wird schwierig. Denn die Italiener wissen nur zu gut, dass bei einem Regierungswechsel wieder andere Bestimmungen gelten könnten. Russische, arabische und chinesische Milliardäre sollen jedoch bereits Schlange stehen, um in Italien ihre Residenz aufzubauen.
Kritik aus Brüssel
Da die Pauschalbesteuerung geringer etwa als in der Schweiz ist, laufen Italiens Nachbarn Sturm. Aber auch Steueranwälte in Italien selbst kritisieren die „kreative Finanzpolitik“und bestehen darauf, dass die Maßnahme verfassungswidrig sei. Sie widerspreche der Steuergerechtigkeit. Auch in Brüssel ist man über den Steuerwettbewerb nicht glücklich. Die Festlegung der Steuersouveränität bleibt vorerst noch ein Element der staatlichen Selbstbestimmung.
Doch Padoan hat die Rechnung mit dem schwerfälligen Justizapparat gemacht. Es wird Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern, bis das Verfassungsgericht darüber ein Urteil fällt. Inzwischen aber soll der Fiskus Millionen und Milliarden einnehmen. Das hat die Staatskasse bitter nötig. Denn Italiens Haushaltsdefizit muss von derzeit 2,4 auf 2,2 Prozent des BIPs gedrückt werden. Das hat die zuständige EU-Kommission in Brüssel gefordert. Bereits in den nächsten Tagen soll ein Plan vorgelegt werden, der 3,4 Mrd. Euro Mehreinnahmen oder Ausgabenschnitte vorsieht. Der Großteil soll durch den Kampf gegen die Steuerhinterziehung, durch Mehreinnahmen des Fiskus erfolgen. Dabei werden aber Steuererhöhungen strikt ausgeschlossen.