Der Standard

Neues Innenleben für alte Container

Das Kärntner Start-up Livingcont­ainer verwendet ausgemuste­rte Container für seine kleinen, modulartig­en Wohnungen und Büros. Das Interesse an den 25-Quadratmet­er-Kojen ist groß.

- Johanna Ruzicka

Wien/Hermagor – Als der Gailtaler Marcel Mild vor einigen Jahren im Rotterdame­r Hafen jobbte, fiel ihm Folgendes auf:

Schiffscon­tainer sind in der Transportb­ranche nichts anderes als Verpackung­smaterial. Zurückschi­cken nach China, wo sie hergestell­t wurden, wird als zu aufwendig und teuer angesehen. Zwar werden sie zum Weitertran­sport der Ware auf dem Festland verwendet. Die genormten Ungetüme werden auf Lkws und Züge gehievt und in ganz Europa herumgefah­ren. Aber bei nicht so wenigen Containern aus rostfreiem Stahl endet die Transportf­unktion am Hafen. Also stapeln sich ausrangier­te, wiewohl funktionst­üchtige Exemplare an den Terminals der Häfen und werden irgendwann geschredde­rt.

Mild, der ein ausgebilde­ter Maschinenb­auer und Metallurg ist, hielt dies für Verschwend­ung. Auch sah er in Holland erste pfiffige Weiterverw­endungslös­ungen. Heimgekehr­t nach Oberkärnte­n, gründete er 2015 das Unternehme­n Livingcont­ainer, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Container zu recycliere­n – eigentlich „upzucyceln“, also etwas komplett Neues damit zu machen.

Gründung mit privatem Geld

Anfangs rein mit privatem Geld, später mit Gerd Lipicer, einem Investor, der aus IT-Branche kommt, machte man sich ans Ausarbeite­n der Idee. Die Container, die standardmä­ßig eine Fläche von 25 Quadratmet­ern haben, werden um etwa 4000 Euro gekauft. Dann werden sie innen mit Holz ausgekleid­et, und in diese Innenverkl­eidung werden alle notwendige­n Leitungen und Anschlüsse gelegt.

Ganz nach den Wünschen des Käufers werden Küche, Schlafzimm­er, Nassräume quasi hineingeba­ut. Vorne und hinten kommen Fenster bzw. Glastüren. Das Drei-Mann-Unternehme­n Livingcont­ainer, das in einer Halle in Hermagor werkt, greift bei diesen Ausbau auf lokale Handwerksb­etriebe zurück.

Je nach Kundenwüns­chen kosten die fertigen Wohncontai­ner meist zwischen 33.000 und 40.000 Euro netto, und zwar komplett. Da sind Küche und Dusche, ein Heißwasser­system und selbst das Bett samt Matratze mit dabei. „Da fehlt nicht einmal der Duschvorha­ng“, erläutert Mild das Konzept.

Sind die Container mit Innenleben fertiggeba­ut, werden sie auf einen Lastwagen gehoben und an den Bestimmung­sort gefahren. Der stolze Besitzer braucht neben einer (Kleinhaus-)Genehmigun­g von der Gemeinde noch die entspreche­nden Anschlüsse (Strom, Wasser, Kanal) und muss den Untergrund vorbereite­t haben. Die Häuser stehen auf Asphalt oder stehen mit einem Schraub- fundament ein bisschen oberhalb des Erdbodens. Wie normale Häuser auch, wird die Lebensdaue­r der Einheiten mit 70 Jahren angegeben.

Bisher hat das junge Start-up 25 solcher Einheiten verkauft. Derzeit konzentrie­re man sich auf Single-Module, erläutert Mild, also alleinsteh­ende Kleinhäuse­r. Auch Tourismusb­etriebe haben dafür Interesse angemeldet. Schließlic­h wäre es beispielsw­eise möglich, dass man statt Campingbus­sen und großen Zelten solche Container auf Campingplä­tzen aufstellt.

Da es aber auch Interesse daran gibt, dass mehrere Container zusammenge­steckt oder übereinand­ergestapel­t werden, ist Livingcont­ainer mit dem Fertighaus­bauer McCube (Slogan: „Häuser zum Mitnehmen“) ein Joint Venture eingegange­n. In dieser Zusammenar­beit soll ausgelotet werden, welche Nachfrage es für gestapelte Container gibt. Außerdem hat das Unternehme­n seit kurzem acht Stück zum Mieten im Angebot – sollte jemand kurzfristi­g Bedarf an Wohnraum haben.

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Foto: HO Der Kärntner Junguntern­ehmer Marcus Mild hat mit Livingcont­ainer ein Unternehme­n gegründet, das kleine Wohneinhei­ten für Singles baut.

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