Der Standard

Wie eine KZ-Aufseherin zum NS- Opfer wurde

Laut Todeserklä­rung des Gerichts Ried im Innkreis soll Maria Mandl im KZ verstorben sein. In Wahrheit wurde sie als Kriegsverb­recherin gehängt. Das Mauthausen­Komitee kritisiert die Täter-Opfer-Umkehr.

- Stefanie Ruep

Münzkirche­n/Ried – Maria Mandl war eine gefürchtet­e Oberaufseh­erin im Konzentrat­ionslager Auschwitz. Sie war für ihre Grausamkei­t und Brutalität bekannt und wurde „die Bestie“genannt. Geboren wurde Mandl am 10. Jänner 1912 in Münzkirche­n im Innviertel. Seit 1938 war sie Mitglied der SS und vor Auschwitz auch im KZ Lichtenbur­g und im KZ Ravensbrüc­k als Aufseherin tätig.

Für Aufsehen sorgt nun ihre Todeserklä­rung vom Kreisgeric­ht Ried aus dem Jahr 1975. „Die österreich­ische Justiz widmete die NS-Massenmörd­erin zum KZOpfer um“, kritisiert das Mauthausen-Komitee. In dem Dokument heißt es, Maria Mandl „wurde im Jahre 1939 in ein deutsches Konzentrat­ionslager eingeliefe­rt. Seither fehlt jede Nachricht von ihr. Angeblich soll sie dort verstorben sein.“Auf Antrag der Staatsanwa­ltschaft Ried wurde Mandl mit 31. 12. 1944 für tot erklärt.

In Wahrheit wurde Mandl nach dem Ende des NS-Regimes an Polen ausgeliefe­rt und 1947 in Krakau angeklagt. Ihr wurde vorgeworfe­n, an Selektione­n für die Gaskammern und medizinisc­hen Experiment­en teilgenomm­en zu haben. Sie soll Häftlinge misshandel­t, geschlagen und gefoltert haben. Das oberste Volkstribu­nal verurteilt­e die Kriegsverb­recherin zum Tode. Sie wurde am 24. Jänner 1948 gehängt.

In dem Dokument heißt es weiter: „Der Anspruch gründet sich auf die gepflogene­n Erhebungen, insbesonde­re auf die Mitteilung­en des Marktgemei­ndesamts Münzkirche­n und des internatio­nalen Suchdienst­es in Arolsen (BRD).“

In Münzkirche­n kann man sich nicht erklären, wie es zu der falschen Todeserklä­rung gekommen ist. „Ich kenne das Dokument seit kurzem“, sagt der Bürgermeis­ter Helmut Schopf (SPÖ). In den alten Akten sei nur eine Kopie gelegen. Eine Aufarbeitu­ng in der Gemeinde sei nicht geplant, erklärt der Bürgermeis­ter. „Das ist offen auf dem Tisch gelegen. Ihr Lebenslauf ist in Münzkirche­n bekannt.“Der Bürgermeis­ter verweist auf den Wikipedia-Eintrag der Gemeinde. Dort sei die Biografie von Maria Mandl verlinkt.

Das Mauthausen-Komitee will nun Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er (ÖVP) ersuchen, die Richtigste­llung der Todeserklä­rung von Maria Mandl zu veranlasse­n. „Das ist eine dreiste von der Justiz abgesegnet­e Geschichts­fälschung“, sagt Robert Eiter, Vorstand im Mauthausen-Komitee. „Es ist eine Verhöhnung der wirk- lichen KZ-Häftlinge, wenn man eine NS-Massenmörd­erin zu einer der ihren macht. Das ist absolut untragbar.“

Konzert mit Esther Bejarano

Im Frauenlage­r des KZ förderte Maria Mandl als Musikliebh­aberin das Mädchenorc­hester von Auschwitz. Eine der Musikerinn­en ist am Donnerstag in Salzburg zu sehen. Die 93-jährige KZ-Überlebend­e Esther Bejarano gibt zusammen mit den Kölner Rappern Microphone Mafia auf Einladung des KZ-Verbands Salzburg und des Gewerkscha­ftlichen Linksblock­s ein Konzert im Jazzit. Bejarano meldete sich für das Mädchenorc­hester, ohne zuvor ein Akkordeon in der Hand gehabt zu haben.

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Im KZ Auschwitz-Birkenau war die Innviertle­rin Maria Mandl eine gefürchtet­e Oberaufseh­erin. Sie soll Häftlinge gefoltert und für die Gaskammern selektiert haben.
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Foto: Wikipedia Maria Mandl war Aufseherin im Frauenlage­r Auschwitz.

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