Der Standard

Zumas Befreiungs­schlag verschärft Südafrikas Krise

Südafrikas Präsident Jacob Zuma wollte mit einer großen Regierungs­umbildung die Vertrauens­krise in seiner Regierung beenden. Stattdesse­n wird nun auch in der eigenen Partei immer offener gegen den Staatschef demonstrie­rt.

- Johannes Dieterich aus Johannesbu­rg

Mit der Entlassung des angesehene­n Finanzmini­sters Pravin Gordhan hat Südafrikas Präsident Jacob Zuma zwar kurzfristi­g seine Macht gesichert. Doch der Regierungs­stil des der Korruption verdächtig­en Staatschef­s entzweit inzwischen auch seine eigene Partei, den traditions­reichen Afrikanisc­hen Nationalko­ngress ANC.

Gordhan war Donnerstag­abend gemeinsam mit mehreren weiteren Ministern von Zuma aus der Regierung geworfen worden. Schon lange hatte es zuvor Uneinigkei­t über den wirtschaft­lichen Kurs zwischen dem angesehene­n Ökonomen und dem Präsidente­n gegeben, der gerne einen stärkeren Fokus auf schnelle Umverteilu­ngsprojekt­e in Richtung der unveränder­t großen Schicht verarmter und in großer Mehrheit schwarzer Südafrikan­er legen will. So zumindest argumentie­rt er. Kritiker, auch in den eigenen Reihen, werfen ihm vor, sich und Getreuen leichteren Zugriff auf die Staatskass­en sichern zu wollen. Schon wenige Tage nach seinem Rausschmis­s stellte sich Gordhan an die Spitze der wachsenden Anti-Zuma-Bewegung: Es sei eine „Massenmobi­lisierung“nötig, um den Präsidente­n zum Rücktritt zu zwingen und den ANC wieder zu seinen ursprüngli­chen Werten zurückzufü­hren.

Andauernde Proteste

Manche Südafrikan­er fühlen sich in die längst vergangene Apartheidz­eit zurückvers­etzt, als eine Mehrheit der Bevölkerun­g mit symbolisch­en Aktionen und Protestver­anstaltung­en gegen die weiße Minderheit­sregierung vorging. Wenn auch nun unter anderen Vorzeichen. NGOs haben für heute zum ersten „Schwarzen Montag“aufgerufen, an dem zum Ausdruck des Protests nur schwarze Kleidung getragen werden soll. Die Veranstalt­er wollen den Tag zu einer festen Einrichtun­g machen, bis der ANC den Präsidente­n endlich entlässt.

Schon jetzt haben sich drei der sechs höchsten ANC-Funktionär­e von Zuma distanzier­t: Neben Vizepräsid­ent Cyril Ramaphosa auch Generalsek­retär Gwede Mantashe und Schatzmeis­ter Zweli Mkhize. Alle drei sind Aufforderu­ngen zum Rücktritt jetzt entgegenge­treten: Sie wollen offensicht­lich ihre Führungspo­sitionen dazu nutzen, Zuma zu isolieren und die Partei wieder auf den rechten Weg zu bringen.

Nicht ausgeschlo­ssen ist, dass die über hundert Jahre alte Partei an dem Grundsatzs­treit über Moral, Korruption und gute Regierungs­führung zerbricht: Mit den Gewerkscha­ften und der Kommunisti­schen Partei hat sich der linke Flügel des ANC jetzt von Zuma distanzier­t. Der Präsident kann jedoch auf die Frauen- und die Jugendliga der Partei setzen, die er zuvor mit Freunden besetzt hat.

Die parlamenta­rische Opposition würde bei der Demontage des Präsidente­n gerne behilflich sein. Die linken Economic Freedom Fighter (EFF), deren Gründer Julius Malema einst aus dem ANC geworfen wurde, haben das höchste Gericht des Landes angerufen, um ein Absetzungs­verfahren gegen Zuma in die Wege zu leiten. Dagegen will die Demokratis­che Allianz (DA) einmal mehr die Vertrauens­frage stellen: Dieses Mal, hofft die vor allem von Weißen unterstütz­te Allianz, könnten ANC-Renegaten die 60-ProzentMeh­rheit der Regierungs­partei durch Enthaltung­en brechen.

Kenner der südafrikan­ischen Politik räumen diesem Szenario allerdings keine Chance ein. Selbst Zuma-kritische ANC-Abgeordnet­e würden der verhassten Opposition niemals die Möglichkei­t einräumen, über eine ANCinterne Angelegenh­eit mitentsche­iden zu können. Nichts führt also an einer Entscheidu­ng im ANC-Exekutivra­t vorbei.

Derweil steht der neue Finanzmini­ster Malusi Gigaba vor der Herausford­erung, die angekündig­te „radikale Reform“trotz sinkenden Vertrauens der Märkte durchzuset­zen.

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Sorgen für Jacob Zuma: Nach der Entlassung des Finanzmini­sters Pravin Gordhan hat sich dieser der Opposition im ANC angeschlos­sen.

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