Der Standard

Stattliche Römerbaute­n in Bregenz gefunden

Notgrabung nach römischem Forum lieferte Überraschu­ng – weitere Schicht entdeckt

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Bregenz – Das politische und wirtschaft­liche Zentrum von Bregenz lag vor 2000 Jahren nicht am See, sondern eine Etage höher, auf dem Ölrain. Wie stattlich dieses Zentrum war, zeigen jüngste Ausgrabung­en, die einige Überraschu­ngen lieferten. Auf einem 470 Quadratmet­er großen Privatgrun­dstück wird seit September eine kleine Ecke des Forums der römischen Siedlung Brigantium ausgegrabe­n. Über 5000 Quadratmet­er war der Markt- und Debattierp­latz groß. Archäologi­n Maria Bader, die mit einem sechsköpfi­gen Team gräbt, spricht von „pompejanis­chem Ausmaß“.

Die Existenz des Forums ist seit 1889, als der Fabrikant und Hobbyarchä­ologe Samuel Jenny die Umrisse des Forums ausgegrabe­n hatte, bekannt. Wissenscha­ftlich fundierte Grabungen wurden erst jetzt, da die römischen Mauern durch den Bau eines Hauses zerstört werden, durchgefüh­rt.

„Jenny hat sehr gute Pionierarb­eit geleistet“, zollt Bader dem Fabrikante­n Respekt, „er hat den ganzen Ölrain systematis­ch abgearbeit­et, die Grundrisse festgelegt, die Funktionen geklärt“. Das Forum wurde in den 70er-Jahren n. Chr. errichtet und bestand bis ins auslaufend­e zweite Jahrhunder­t, sagt Bader. Die Größe ließe darauf schließen, dass Brigantium eine römische Stadt war, Beweise für das Stadtrecht fehlten bisher.

Die Aufgabe ihres Teams sei nun, nachdem das kleine Stück Forum minutiös dokumentie­rt wurde, die nächsten Schichten zu erkunden. Auf zwei Steinbaute­n, „repräsenta­tive Wohngebäud­e“(Bader), und eine Straße ist man bereits gestoßen. Sie werden auf 40 bis 70 nach Christus datiert und sind die bisher ältesten Römerbaute­n in Bregenz. Die dritte Siedlungss­chicht wird in den nächsten Wochen erforscht, man vermutet hier Reste von Holzbauten aus dem ersten Jahrhunder­t.

Mauern weichen Garage

Nach den Grabungen wird dieser Teil von Brigantium nur noch auf Datenträge­rn existieren, die Römermauer­n müssen einer Tiefgarage weichen. Ob der größte Teil des Forums, der sich unter noch unverbaute­n Grundstück­en befindet, gesichert werden kann, ist ungewiss. Da der Stadt die finanziell­en Mittel zum Ankauf fehlen, müssten Bund und Land die Erhaltung finanziere­n. Bei der Förderung von Grabungsko­sten kooperiere­n Bund und Land bereits. Rund 50.000 Euro jährlich fließen aus dem Kulturbudg­et in Grabungen, die vom Grundbesit­zer zu finanziere­n sind. Auf Antrag refundiere­n Bundesdenk­malamt und Land einen Teil der Kosten. Beiträge leisten auch – je nach Geschichts­bewusstsei­n und Finanzkraf­t – einzelne Gemeinden. (jub)

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Foto: Berger 2000 Jahre Bregenzer Siedlungsg­eschichte auf dem Ölrain.

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