Der Standard

Freispruch nach Fake-Zitat

User hatte Grünen-Chefin falsche Worte in Mund gelegt

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Wien – Grünen-Chefin Eva Glawischni­g hat einen Rechtsstre­it gegen einen Facebook-Nutzer verloren. Der Mann hatte ein Posting mit ihrem Foto und einem vermeintli­chen Zitat verfasst. Dieses lautete: „Schutzsuch­ende müssen das Recht haben auf Mädchen loszugehen! ‚Alles andere wäre rassistisc­h Flüchtling­en gegenüber.‘“Glawischni­g hatte sich gegen dieses „Fake-Zitat“auf Facebook gewehrt. Der Oberste Gerichtsho­f (OGH) hat nun seinen Freispruch bestätigt.

Im Zivilrecht­sprozess hatte die Grünen-Politikeri­n noch eine einstweili­ge Verfügung gegen den Mann erzielt. Er trug außerdem die Prozesskos­ten und zahlte eine Entschädig­ung. Bei einem weiteren Straf- und Medienrech­tsprozess gab es nun einen rechtskräf­tigen Freispruch für den Mann.

Der Urteilsspr­uch erfolgte bereits am 15. Februar und wurde nun durch einen Bericht der Presse bekannt. Der Oberste Gerichtsho­f bestätigte damit Entscheidu­ngen des Landesgeri­chts und Oberlandes­gerichts in Graz.

Vorwurf der üblen Nachrede

Glawischni­g hatte mit der Privatklag­e den Vorwurf der üblen Nachrede erhoben. Laut OGH konnte jedoch „nicht festgestel­lt werden, dass der Privatankl­ägerin dadurch unterstell­t werde, sie habe die in Rede stehende Behauptung tatsächlic­h geäußert“. Zu dieser Einschätzu­ng kam das Gericht, da der Mann sein Posting mit dem Zusatz „Ihr kann diese Aussage zugetraut werden“kommentier­t hatte.

Der „durchschni­ttliche, hier konkret angesproch­ene Medienkons­ument“würde das Posting als Kritik an Glawischni­gs politische­r Einstellun­g zur „Flüchtling­skrise“verstehen.

Der Beklagte habe mit seiner Kritik an der „Willkommen­spolitik“der Grünen-Politikeri­n „offenkundi­g die Realität verzerrend“angedeutet, dass Ausländern gegenüber mehr Toleranz entgegenge­bracht werde als Österreich­ern, heißt es im Urteilstex­t weiter. Glawischni­g sei als „als exemplaris­che Befürworte­rin von Menschen- und Frauenrech­ten“bekannt. So liege auf der Hand, dass es sich aufgrund der „völligen Verzerrung dieses Standpunkt­es im Posting“um Satire handle.

„Falsches Signal“

Für Glawischni­gs Anwältin Maria Windhager ist das Urteil nicht nachvollzi­ehbar. Der OGH habe nicht die Funktionsw­eise von sozialen Netzwerken berücksich­tigt, kritisiert­e sie.

Vom Durchschni­ttsempfäng­er sei das falsche Zitat sehr wohl geglaubt und auch so weitergege­ben worden. Die Entscheidu­ng der Höchstrich­ter sei daher ein falsches Signal im Kampf gegen Fake-News. Aus Sicht der Anwältin ging es dem User hier um „Dirty Campaignin­g“, nicht um Satire.

Die Grünen gehen seit vergangene­m Herbst verstärkt gegen Hasspostin­gs vor. In diesem Bereich wurden bereits zahlreiche Zivilund Medienproz­esse geführt. Justizspre­cher Albert Steinhause­r und Medienspre­cher Dieter Brosz präsentier­ten außerdem Anfang des Jahres einen Vorschlag für eine Reform des Strafrecht­s, die Opfern von Hasspostin­gs mehr Rechte einräumen soll – etwa bei Gewaltdroh­ungen. (APA, br, fsc)

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