Der Standard

Was eine echte Trendwende brächte

Für nachhaltig­e Verbesseru­ngen am Jobmarkt müssten Investitio­nshürden fallen

- Andreas Schnauder

Erfreulich­e Nachrichte­n kann das Land gut gebrauchen. AMS-Chef Johannes Kopf sprach angesichts einer gesunkenen MärzArbeit­slosigkeit von einer Trendwende. Selbst wenn die Einschätzu­ng des Arbeitsmar­ktservice Realität werden sollte, stellt sich die Frage: Warum erst jetzt? Immerhin sinkt die Arbeitslos­igkeit in Europa seit fünf Jahren kontinuier­lich. Österreich ist in kurzer Zeit hinter mehrere Länder wie Großbritan­nien, Ungarn, Polen, Tschechien oder die Niederland­e zurückgefa­llen, die mittlerwei­le bessere Jobdaten vorweisen können als das einstige Vorzeigela­nd.

Nun nimmt die Wirtschaft endlich wieder Fahrt auf, wodurch die Beschäftig­ung angekurbel­t wird. Trotzdem sind Zweifel an der Aussage Kopfs angebracht. Das gilt nicht nur für die weitere konjunktur­elle Entwicklun­g, die naturgemäß schwer vorherzuse­hen ist. Schon einfacher kann prognostiz­iert werden, dass der Druck auf den Arbeitsmar­kt insbesonde­re im Zusammenha­ng mit der Zuwanderun­g anhalten wird. Das gilt in erster Linie für Migranten aus Osteuropa, die in diesem Jahrzehnt noch die Schwelle von 300.000 Personen überschrei­ten werden. Kleiner, aber deutlich schwierige­r zu integriere­n ist die Gruppe der Asylberech­tigten. Der Rückstau an Verfahren bringt es mit sich, dass sich die Flüchtling­e erst mit Verzögerun­g voll in der Statistik niederschl­agen werden. rotz steigender Beschäftig­ung gelang es in den vergangene­n Jahren nicht, Zuwanderun­g sowie ein auch im Inland wachsendes Arbeitskrä­fteangebot aufzufange­n. Selbst wenn der Aufschwung zu einer Verbesseru­ng der Lage führen sollte: Von Arbeitslos­enquoten unter sechs Prozent, zuletzt 2008 erreicht, kann man in Zukunft nur träumen. Nicht nur wegen der erhöhten Migration, sondern weil ein zehnjährig­er politische­r Stillstand viel zu tiefe Spuren hinterlass­en hat. Reformstau, Verlust an Wettbewerb­sfähigkeit, geringe Investitio­nsneigung und ein Mehr an Abgabenbel­astung und Bürokratie haben die Wirtschaft gelähmt und Jobs gekillt.

Keine Frage: In den letzten Monaten wurde der Standort wieder stärker ins Zentrum gerückt. Für Qualifizie­rung und gezielte Programme für Problemgru­ppen wird viel Geld in die Hand genommen. Derartige Schritte mögen

Tgut und richtig sein, doch kurzfristi­ge Jobförderu­ngen bringen noch keine nachhaltig­en Arbeitsplä­tze. Vielmehr sollten zielgerich­tete Aktionen – beispielsw­eise für Ältere – von einer Verbesseru­ng der Rahmenbedi­ngungen begleitet werden. Soll heißen: runter mit den Lohnnebenk­osten, weg mit den Investitio­nshürden und den Gründungsh­emmnissen, wie sie beispielsw­eise in der Gewerbeord­nung auf hunderten Seiten aufgeliste­t sind.

Noch ein Punkt erscheint überlegens­wert, auch weil die Lage für Ältere am Arbeitsmar­kt immer schwierige­r wird. Man kann natürlich bekla- gen, dass sich Unternehme­n der älter und teurer werdenden Mitarbeite­r entledigen. Man könnte den stetigen Gehaltsans­tieg aber auch abflachen und den Kostendruc­k auf die Betriebe reduzieren – zugunsten höherer Einstiegsg­ehälter.

Die Regierung setzt mit einigen Schritten wie Beschäftig­ungsbonus oder Aktion 20.000 (für über 50-Jährige) gerade ein paar begrüßensw­erte Akzente. Auch die eine oder andere Migrations­hürde darf angesichts der hohen Zuwanderun­g kein Tabu sein. Für eine echte Trendwende müsste man freilich dickere Bretter bohren.

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