Russland geht von Selbstmordanschlag aus
Nach dem Bombenanschlag in der St. Petersburger Metro gehen die Behörden von einem Einzeltäter aus. Er soll aus dem zentralasiatischen Kirgisistan stammen.
Vierzehn Tote und 51 Verletzte hat am Montag die Explosion in einem fahrenden U-Bahn-Zug in der russischen Millionenmetropole St. Petersburg gefordert. Zunächst hieß es, jemand habe eine Tasche in den Metrowagen gestellt und sei wieder ausgestiegen. Selbst das Foto eines mutmaßlichen Verdächtigen wurde von russischen Medien verbreitet, nachdem es anfangs polizeiintern zur Fahndung verwendet worden war.
Es zeigt einen Mann, der geradezu idealtypisch gängigen Vorstellungen eines islamistischen Terroristen entsprach: schwarze, strenge Kleidung, schwarzer Vollbart, kantiges Gesicht und die bei russischen Muslimen populäre Tjubetejka auf dem Kopf.
„Fragmentierte Überreste“
Doch der Mann, der zwanzig Minuten vor dem Anschlag auf der betroffenen Linie zwei unterwegs war, stellte sich noch in der Nacht selbst der Polizei. Wie sich herausstellte, handelt es sich um einen unbescholtenen Fernfahrer mit tatarischen Wurzeln, einen Ex-Armeehauptmann mit Einsatzerfahrung in Tschetschenien. Er durfte bereits am nächsten Tag unbehelligt nach Moskau fliegen.
Inzwischen nämlich geht das zuständige Ermittlungskomitee davon aus, dass der Anschlag von einem Selbstmordattentäter verübt worden ist. In dem von der Explosion zerstörten U-Bahn-Wagon seien die „fragmentierten Überreste“einer Person gefunden worden, die die Bombe gezündet haben könnte, erklärte die Behör- de. Der mutmaßliche Täter sei identifiziert, sein Name werde aus ermittlungstaktischen Gründen jedoch nicht offiziell bestätigt.
Zwischenzeitlich aber erklärten die Sicherheitsbehörden Kirgisistans, ein aus der zentralasiatischen GUS-Republik gebürtiger Mann gelte als Urheber des Petersburger Anschlags. Die gut mit den lokalen Sicherheitsorganen vernetzte Webzeitung fontanka.ru berichtete, ein 22 Jahre alter russischer Staatsbürger namens Akbarschon D. gelte nun als Haupttatverdächtiger. Er stamme aus Osch in Kirgisistan und habe bereits seit sechs Jahren in St. Petersburg gelebt. Über eventuelle Kontakte des Mannes zur Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS) oder in radikalislamistische Kreise innerhalb Russlands wurde bisher jedoch nichts bekannt. Auch gab es vorerst keine Bekennerschreiben oder -videos.
Ungewiss war zunächst die Frage, ob es einen zweiten Täter gab. Fast zeitgleich nämlich war in einer Station einer anderen Metrolinie eine weitere Bombe ähnlicher Bauart gefunden und dann entschärft worden. Am Dienstagnachmittag gaben die Behörden jedoch bekannt, dass auch bei dieser Bombe genetische Spuren des Verdächtigen gefunden wurden.
Lage weiterhin angespannt
Nach dem Terrorakt war das gesamte Metrosystem der Fünfmillionenstadt evakuiert worden. Am Dienstag nahm die U-Bahn auf allen fünf Linien den Betrieb wieder auf. Die Züge blieben jedoch spürbar leerer als üblich.
Die Lage blieb weiterhin angespannt: Gegen Mittag wurde die vom Anschlag betroffene Linie zwei im Stadtzentrum erneut für einige Zeit stillgelegt, Stationen und Tunnels wurden überprüft. Es hatte eine anonyme Bombendrohung gegeben. Auch ein UniInstitut, ein Supermarkt und eine andere Metrostation waren wegen verdächtiger Gegenstände vorübergehend evakuiert worden.