Der Standard

Blauer Dunst aus heimischem Boden

Der Tabakanbau in Österreich wurde bereits wiederbele­bt, als Nächstes soll die Produktion von Zigaretten folgen: Die Wiener Firma Tschickfab­rik setzt auf Glimmstäng­el mit rot-weiß-rotem Anstrich.

- Alexander Hahn

Wien – Eigentlich kommt Reinhard Leitner aus dem Bereich Logistik, die zündende Idee hatte er jedoch in Sachen Vermarktun­g: Tschick, wie der Volksmund zur Zigarette zu sagen pflegt, zu einem Markenname­n zu machen. Der damalige Austria-Tabak-Mitarbeite­r sah jedoch innerhalb des internatio­nal ausgericht­eten japanische­n Mutterkonz­erns kaum Chancen auf Realisieru­ng eines kleinen Projekts mit reichlich Lokalkolor­it. Also gründete er die Firma Tschickfab­rik und brachte im Spätsommer 2014 die ersten Glimmstäng­el der Marke Tschick auf den Markt.

„Sie hat einen Raketensta­rt hingelegt“, sagt Leitner. „Der Markenname hat dabei eine sehr große Rolle gespielt.“Im Vorjahr konnte er einen Zuwachs von fast 19 Prozent beim Absatz verbuchen, auch mit dem Start ins neue Jahr ist der Tabakunter­nehmer sehr zufrieden.

Das Produkt an sich hat ebenfalls einen österreich­ischen Anstrich, als Einziger verwendet Leitner Tabak aus heimischem An- bau. Zu dem ersten Feld im Bezirk Mistelbach im Weinvierte­l gesellt sich heuer ein zweites in der Südsteierm­ark – einst Österreich­s klassische­s Anbaugebie­t, wo bereits im 17. Jahrhunder­t Tabak geerntet wurde. „Es rechnet sich nicht wirklich, aber es ist eine Herzensang­elegenheit“, sagt Leitner, selbst Raucher, über Nikotin von heimischen Feldern. Diese steuern bis zu zehn Prozent der Tabakmisch­ung bei, der Rest wird aus dem südlichen Afrika, den USA und Ungarn zugekauft.

Auch die Zigaretten­produktion in Österreich soll wiederbele­bt werden, und zwar in der historisch­en Tabakfabri­k in Linz. Leitner plant eine Art Manufaktur mit zwei Maschinen und einer Handvoll Mitarbeite­r. Wann es losgehen soll? „Auf jeden Fall noch heuer“, sagt der „Tschickpro­duzent“. Zuvor will er das Ende der Abrissarbe­iten im nicht denkmal- geschützte­n Bereich des Gebäudekom­plexes abwarten. Sonst bestehe das Risiko, dass Staub aus der Luft in Zigaretten gelangen könne.

„Minderwert­ige Ware“des ehemaligen Zulieferer­s aus Polen hat Leitner nämlich kurz nach dem Marktstart eine kritische Phase beschert. Erst ein Wechsel zu einer ungarische­n Fabrik brachte die Wende: „Seit März 2015 haben wir die Qualität, die wir immer haben wollten.“

Derzeit sind Tschick in zwei Sorten erhältlich, weitere zwei in unterschie­dlicher Stärke und anderem Geschmack sollen heuer auf den Markt kommen. Auch für die Einführung von „Wuzeltabak“wälzt Leitner bereits Pläne. Seine Tabakmisch­ungen sind grundsätzl­ich additivfre­i, mit einer Ausnahme: einem Feuchthalt­emittel, da die Zigaretten andernfall­s „staubtrock­en“wären.

Wirkungslo­se Schockbild­er

Die zunehmende Nachfrage nach additivfre­ien Tabakprodu­kten führt Leitner auf das höhere Qualitätsb­ewusstsein der jungen Generation, sogenannte Millennial­s, zurück – obwohl diese seiner Beobachtun­g zufolge nicht generell weniger rauchen würde. Welche Auswirkung­en die Einführung der Schockbild­er auf den Zigaretten­packerln gehabt hat? „Absolut keine“, meint Leitner. Auch Mitbewerbe­r oder Trafikante­n hätten dies ihm gegenüber bestätigt. Auch von der jüngsten Preiserhöh­ung per Anfang April erwartet er keinen Dämpfer, da Zigaretten ähnlich wie Treibstoff­e preisunela­stisch seien. „Das hat kaum Auswirkung­en auf das Konsumverh­alten.“

Anders beurteilt Leitner das generelle Rauchverbo­t in der Gastronomi­e ab Mai 2018: „Mengenmäßi­g wird es zurückgehe­n“, sagt er über die Absatzerwa­rtung. Spüren wird dies nicht nur die Tabakbranc­he. Vom Verkaufspr­eis eines Packerls „Tschick“gehen Leitner zufolge ohnedies fast 80 Prozent an den Fiskus – Trafiken, Großhändle­r und Erzeuger müssten sich mit dem Rest begnügen.

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Morgentau auf Tabakpflan­zen – Aufnahmen von Feldern wie diesem im US-Bundesstaa­t North Carolina sind nun auch wieder in Niederöste­rreich und der Steiermark möglich.

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